Wir haben Romy und Stef vom Stechlin-Institut für euch ein paar Fragen gestellt, weil uns der Ort des Projekts und das Projekt an sich selbst verzaubert haben. Damit ihr das auch spüren könnt, haben sie uns ein paar Bilder mitgebracht.
Erzählt uns ein wenig von eurem Projekt. Was hat es damit auf sich?
Nur eine gute Stunde von Berlin, mitten im Wald und nahe des klarsten Sees Norddeutschlands – dem Großen Stechlinsee – liegt das Stechlin-Institut in einem alten Gutshaus. Diesen Ort stellen wir gemeinnützigen Initiativen, SozialunternehmerInnen und KünstlerInnen für kürzere Arbeitsaufenthalte zur Verfügung. Das Stechlin-Institut ist ein idealistisches Projekt, das aus großer Naivität entstanden ist, weil wir der Meinung waren, dass wir als KünstlerInnen die Welt verbessern müssen. Innerhalb des bestehenden Kunstsystems haben wir keine Möglichkeit gesehen.
Wir verstehen das Stechlin-Institut als Hybrid zwischen einem Kunstwerk, welches durch die Teilhabe aller entsteht, und einem ganz phantastischen Ort, der engagierten Menschen für Klausur, Entspannung und Austausch gewidmet ist. Neben den Initiativen leben hier sozial engagierte KünstlerInnen. Für 3-10 Tage teilt man sich Raum und Zeit. Uns liegt viel daran, Menschen zusammenzubringen und sie dabei zu unterstützen, ihre Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. Wie Cornelius Castoriadis sind wir überzeugt von der “schöpferischen Einbildungskraft des Menschen als unerschöpfliche Quelle von Neuem und nie erlahmende Triebkraft der Selbstveränderung einer Gesellschaft.” Und das betrifft eben nicht nur die KünstlerInnen. Künstlerisches Denken ist ein emanzipatorischer Prozess. Es verändert nicht, was störend ist – es schafft eine andere Perspektive darauf.
Ihr sprecht davon, soziales Engagement zu fördern. Wie kann man sich das vorstellen?
Die Zahl der sozial engagierten Menschen in Deutschland wächst. Diese Leute stecken all ihre Ressourcen in die Arbeit, für die sie brennen, und überwinden mit ihrer Energie und Freude große Hürden. Durch ihr Wirken wird die Gesellschaft gestaltet. Gleichzeitig brauchen auch engagierte Leute langfristig Selbstfürsorge, Stärkung und Ermutigung, damit ihnen nicht die Luft ausgeht. Joana Breidenbach, Co-Gründerin von betterplace.org, hat das kürzlich auf tbd* ziemlich gut beschrieben.
So ein Ort, an dem die Leute in eine neue Verbindung zu sich, zueinander, mit KünstlerInnen und auch mit anderen Initiativen kommen können, ist eine wunderbare Situation, um Kraft zu tanken, um sich der Selbstfürsorge zu widmen, sich zu konzentrieren, aber eben auch, um neue Impulse zu bekommen. Das alte Gutshaus, umgeben von Wald und Wiesen und in der Nähe zum glasklaren Stechlinsee, eignet sich dafür perfekt.
Was war die Motivation dahinter, das Stechlin-Institut zu gründen?
Wir wollen unsere Handlungsspielräume als KünstlerInnen verändern. Statt im weitesten Sinne Objekte für den Kunstmarkt zu produzieren, wollen wir uns mit unserer Arbeit gesellschaftlich engagieren. Uns hat das symbolische Arbeiten einfach nicht mehr genügt – nur aufzuzeigen und Lärm zu machen. Mit dem Stechlin-Institut wollen wir einen Ort schaffen, an dem Leute wirklich miteinander reden, der das Beste in ihnen hervor lockt. Helfende in sich zu stärken und daran zu erinnern, dass sie die Autoritäten für das sind, was möglich ist, hat auf gesellschaftlicher Ebene einen Riesenimpact für die Lösung sozialer Probleme. Wir wollten etwas verändern, wir wollten etwas tun. Mit dem Haus können wir unsere Kunst wirksam werden lassen.
Wie können Sozialunternehmer/innen von eurem Angebot profitieren?
Wir sehen da zwei wesentliche Aspekte: Einerseits der Rückzug, persönlich wie auch als Gruppe, die konzentrierte Arbeit, das Eingebettet-Sein in eine wunderbare Natur. Andererseits finden wir den Dialog für die Entwicklung neuer Perspektiven wichtig.
Das Stechlin-Institut hat für ungefähr 15 Leute Platz. Bis Oktober werden noch Termine zwischen 3 und 10 Tagen vergeben. Der Aufenthalt kostet ab 12 Euro pro Nase und Tag. Wenn eine andere Gruppe mit dazukommt, finden wir das toll. Dann kostet das nur 10 Euro. Meldet euch einfach bei uns!
Bisher waren vor allem Berliner Organisationen und KünstlerInnen da. Wir sind glücklich über die ersten begeisterten Rückmeldungen der Teams von betterplace.org, der Open Knowledge Foundation und dem Impact Hub Berlin.
Was waren die größten Hürden, die ihr bei der Gründung des Instituts bewältigen musstet, und wie habt ihr diese Hürden gemeistert?
Die größte Hürde, die wir gemeistert haben, war der Erwerb des Gutshauses, das jetzt für das Stechlin-Institut zur Verfügung steht. Wir hatten überhaupt kein Geld dafür und sind dann auf die Stiftung Edith Maryon gestoßen, die Grundstücke aus dem spekulativen Kreislauf herausnimmt und an gemeinnützige oder kulturelle Träger weitergibt. Jetzt können wir die nächsten 99 Jahre mit Haus und Grundstück arbeiten.
Was möchtet ihr sonst noch mit unserer Community teilen?
Wir hatten alle einen Traum. Mittlerweile träumen wir nicht mehr, wir haben begonnen etwas zu tun. Wir bewegen und verändern. Wir sind hier, das ist unser Leben. Lasst uns zusammensein, einander beistehen und unsere Erfahrungen austauschen.
Das Stechlin-Institut ist Euer Ort, wenn ihr dringend ein paar Tage raus müsst, um für euch zu sein, um miteinander zu sein – um für ein paar Tage an etwas zu arbeiten und mit Abstand und Ruhe Kraft für die nächsten Aufgaben zu schöpfen.