Perspektive #11 Hannah Helmke, Gründerin von right. based on science über die Frage nach dem Lebenserfolg.
Lebenserfolg = X * (Energie + Intelligenz)
„Familie“, antwortete neulich einer meiner Mitarbeiter auf diese Frage. Seine freigeistige Kollegin würde wahrscheinlich spontan heraus sagen: „Jeden Morgen in der Natur schwimmen gehen.“ Mich hat diesbezüglich die glasklare Tiefe einer an Bob Dylan orientierten Sequenz des Elektropodcasts „Montagssorbet“ schwer überrascht – und ehrlich gesagt sogar ziemlich mitgenommen:
But you're gonna have to serve somebody, yes indeed you're gonna have to serve somebody. Well, it may be the devil or it may be the Lord, but you're gonna have to serve somebody.
Ja, das fühlt sich bekannt an. Wem oder was diene ich denn aber als junge Unternehmensführerin und wie sieht dieser Dienst aus? Gott sei Dank kann ich überzeugt sagen, dass es nicht das simple Geld ist und es ist auch nicht die Gier nach Macht oder der schiere Neid, in deren Dienste ich stelle, was ich tue.
Mir wurde das erleichternd klar, als ich mich kürzlich zum konzentrierten Arbeiten an die Küste zurückgezogen habe, morgens joggen war, am Meer ankam und es gefragt habe, ob es uns jemals vergeben wird? Ich glaube nicht. Warum auch? Die Respektlosigkeit, mit der das Meer und dieser Planet mit Füßen getreten werden, ist einfach zu groß. Diese Antwort löste keine Hilflosigkeit, sondern eine Loyalität aus, die sich so stark in mir breit gemacht hat, dass ich wie im Flug nach Hause gerannt bin, um mich voll entschlossen an meine anstehenden Aufgaben zu machen. Ich stehe also im anspruchsvollen Dienst dieses blauen Planeten mit all seinen überaus faszinierenden Systemen.
Meine Arbeit besteht darin, Handlungsoptionen für den Übergang in eine <2 °C-Welt aufzuzeigen: Welche machbaren und erstrebenswerten Alternativen gibt es zum rückwärtsgewandten business as usual? Dazu müssen Datenanforderungen ermittelt, Daten errechnet, Informationen generiert und unter unterschiedlichen Szenarien bewertet werden, sodass ganzheitlich sinnvolle Entscheidungen abgeleitet werden können. Um Risiken zu reduzieren – die Risiken, wenn Ozeane, Stürme, sich der Fruchtbarkeit verweigerndes Land und gleißende Hitze um sich schlagen und Menschen versuchen mit ihren Instrumenten der Politik, Kultur und Technik damit zurechtzukommen.
Diese Arbeit beginnt mit vermeintlich kühlen Zahlen, Daten und Fakten aus der abstrakten Klimawissenschaft und Betriebswirtschaft und geht über heftige Diskussionen, welche die verzwickte Lage der aktuellen Beziehung zwischen Mensch und Natur herausstellen. Am Schluss aber stehen ein Zugehörigkeitsgefühl und eine starke Identität, die ihren Stolz darin verankert, sich als Teil des Ganzen wohl zu fühlen.
Der blaue Planet ist hart aber fair: er urteilt nicht, er erkennt die Eigenheiten seiner eigenen Natur an und er bietet Raum für Unsicherheit, Verletzlichkeit und Verirrung. In seinem Dienst mangelt es nicht an Inspiration, aus der man lernen kann, sich konstruktiv und bestimmt, aber dennoch sanft zu bewegen. Gefallsucht und dem Spiel des sozialen Chamäleons kommen hier keine Bedeutung zu – was sich überraschend erfrischend und befreiend auf berufliche wie auf private Beziehungen auswirkt.
Es gibt kluge Wege, sich seiner eigenen Rolle in diesem Gewusel aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Macht, Leistung, Harmonie und Selbstverwirklichung zu stellen, um die Errungenschaft von Freiheit, Frieden und kulturellem Reichtum in das rechte Licht zu rücken.
Dazu braucht es tiefe Integrität – die Unbekannte in der Formel.
Über die Autorin
Hannah Helmke ist Gründerin und Geschäftsführerin des seit Ende 2016 bestehenden Unternehmens right. based on science. Die Motivation zur Gründung eines eigenen Unternehmens entstammte dem Drang, sich aus den ungesunden Wirtschaftsstrukturen zurückzuziehen und kritische Worte in inspirierende Taten umzusetzen.
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tbd* ist ein digitales Zuhause wo Menschen, wie du Best-Practices teilen und von anderen lernen können, die ebenfalls mit Weltverbessern Karriere machen.
Zum Launch haben wir daher Top DenkerInnen und MacherInnen unter den WeltverbessererInnen - also die Menschen, die uns jeden Tag aufs Neue inspirieren und motivieren - gebeten, einen Artikel für uns zu schreiben.
Wir stellen vor die Serie: Perspektiven. Wir haben diesen 10 sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten aus diversen Branchen und Sektoren freie Hand gegeben. Sie sollten darüber schreiben, was sie gerade - im Jahr 2017 in Deutschland - persönlich oder gesellschaftlich bewegt. Was zurück kam hat uns schwer beeindruckt und berührt. Danke dafür!