Postwachstum - Gut leben ohne Wirtschaftswachstum

Was eigentlich mit Postwachstum gemeint ist und was das gute Leben für alle mit dir zu tun hat.

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von Tina Röbel, September 27, 2022
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Dieser Text ist für dich, wenn du verstehen willst, was mit Postwachstum eigentlich gemeint ist. Du erfährst, was das gute Leben für alle mit dir zu tun hat und ich teile meinen größten Aha-Effekt des Jahres mit dir. Dieser Artikel erschien ursprünglich hier.

Was ist Postwachstum?

Postwachstum ist die Überschrift für viele verschiedene Ansätze. Einerseits bündelt der Begriff verschiedene Perspektiven der Wachstumskritik (ökologisch, kulturell, feministisch, globalisierungskritisch, um nur ein paar zu nennen). Sicherlich sind dir einige davon schon begegnet. Andererseits werden unter der Überschrift Postwachstum Visionen entworfen, wie eine globalgerechte Welt und der Weg dorthin aussehen könnten. Ein zentrales Element dabei ist das gute Leben für alle – so wie es auch in meiner Unternehmensvision steht.

Was hat Postwachstum mit dir zu tun?

Du bist ein wichtiger Teil der notwendigen Veränderungen. Ohne dich wird es nichts mit dem guten Leben für alle. Es macht einen Unterschied, wo du arbeitest, wie du deine Zeit verbringst und was du konsumierst. Das sind nicht die einzigen Hebel für Veränderung, aber sehr wichtige.

Die Postwachstumsdebatte hilft dir, deinen Beitrag aus der Vogelperspektive zu betrachten. Neben den individuellen Lebensstilveränderungen, sind auch grundlegend andere wirtschaftliche und politische Strukturen notwendig. In diesem Artikel erfährst du mehr darüber, wie gesellschaftliche Veränderung konkret funktioniert.

Ist Postwachstum das gleiche wie Degrowth?

Jein. Degrowth als Begriff zielt auf einen Rückbau der Wirtschaft ab. Postwachstum hingegen wird unterschiedlich verwendet. Mal geht es auch hier darum die Wirtschaftsleistung insgesamt zu schrumpfen, mal geht es um eine Wachstumsunabhängigkeit, also eine Post-Wachstums-Welt. Verwirrend? Dann hilft dir vielleicht mein größter Aha-Effekt des Jahres weiter.

Diese zwei Fragen sind entscheidend.

Die folgende Grafik hat mir sehr geholfen, das Thema besser zu verstehen.

postwachstum degrowth

 

Quelle: Diskussionspapier des IÖW 72/20, verfügbar unter: https://www.ioew.de/35-jahre/onlinetagung-zeitenwende/dokumentation

Im Grunde hängt die Richtung, die wir als Gesellschaft einschlagen von zwei Fragen ab:

  • Glaubst du, dass sich Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch entkoppeln lassen
  • Glaubst du, dass unsere Lebensqualität vom Wirtschaftswachstum abhängig ist?

Wissenschaftlich betrachtet liegen für beide Fragen keine endgültigen Antworten vor. Aktuell bedeutet Wirtschaftswachstum in der Regel einen höheren Ressourcenverbrauch, mit dem wir bekanntermaßen an ökologische Grenzen stoßen. Green Growth gibt es in der Realität also nicht. Auf der anderen Seite ist unser Sozialsystem aktuell so gebaut, dass Wirtschaftswachstum notwendig ist, um es aufrechtzuerhalten. Deshalb wird auch in der Coronakrise so viel Wert auf Wachstum gelegt.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Was war nun mein Aha-Effekt? Es macht einfach keinen Sinn so zu tun, als wäre ewiges Wirtschaftswachstum ein realistisches Szenario. Diese Position nennt sich vorsorgeorientiertes Postwachstum und erscheint mir sehr logisch. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, wir könnten weiter so machen wie bisher und nur ein bisschen mehr Elektroroller fahren. Dafür brauchen wir Ideen, wie unser Sozialsystem auch ohne Wachstum funktioniert. Oder noch grundlegender: Wir müssen unsere Definition von Lebensqualität dringend überarbeiten.

Was heißt das für dich?

Bleib dran an dem, was du in deinem Leben verändern möchtest. Und nimm dir die Zeit, um auch das große Ganze zu verstehen. Sei ehrlich mit dir selbst: Was ist ein Beitrag zum guten Leben für alle und was fällt eher in die Kategorie der Green Growth Illusion? Last but not least, tausche dich mit anderen aus. Du musst die Welt nicht alleine retten.

Hier kannst du dich weiter informieren

Wenn du Lust hast, noch tiefer einzusteigen, empfehle ich dir ein wunderbar prägnantes Video mit Niko Paech (ab Minute 2:15 bis ca. Minute 29). Er plädiert zum Beispiel für eine 20-Stunden-Arbeistwoche für alle. Wenn du Lust hast auf noch mehr Theorie, lohnt sich der Einführungsband von Matthias Schmelzer und Andrea Vetter. Dort findest du einen gut zu lesenden Überblick über Strömungen und Vorschläge der Postwachstumsdebatte.

 

Tina Röbel

Dr. Tina Röbel arbeitet freiberuflich als Moderatorin und Coachin für ein gutes Leben. Sie hat in Erziehungswissenschaften promoviert und zunächst als Personal- und Organisationsentwicklerin zwei Wirtschaftsunternehmen von innen kennengelernt. Ihre Mission: Mehr Raum und Zeit für Tiefgang zu schaffen, um uns wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Tina ist gebürtige Berlinerin, lebt in Hamburg und ist seit 2021 dort auch für Common Purpose Deutschland tätig. Mehr zu Tina und ihrem Coachingansatz: www.tinaroebel.de