Wohin mit den Emotionen bei der Arbeit?

Finde heraus, was du gegen private Sorgen oder Frustration im Büro tun kannst.

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von Alex­an­dra Gojowy, February 14, 2018

Gastbeitrag von 7Mind.

Stress zu Hause, Haus­tier krank, Rad geklaut: Pri­vate Sorgen können uns bis an den Schreib­tisch ver­fol­gen. Auch der Job selbst kann frus­trie­ren. Wie geht man mit nega­ti­ven Emo­tio­nen bei der Arbeit um?

Viele Men­schen wün­schen sich einen locke­ren, per­sön­li­chen Umgang mit Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten. Ein ent­spann­tes Ver­hält­nis mit den Mit­ar­bei­tern, ent­spannt natür­lich auch die Stim­mung im ganzen Team, interne Mee­tings und das Bier am Frei­tag­nach­mit­tag. Wäh­rend der Mit­tags­pause spricht man mal über pri­vate Themen und wer bei der Weih­nachts­feier über den Durst trinkt, wird am Montag darauf mit einem Schul­ter­klop­fer begrüßt. Soweit das Ideal. Es gibt aber auch Tage, an denen gar nichts geht. Tage, an denen man unzu­frie­den und unpro­duk­tiv ist, sich unfair behan­delt fühlt oder unfä­hig ist, krea­tive Ideen zu spin­nen. Traut man sich dann eigent­lich auch, den netten Kol­le­gen oder dem/​der unkom­pli­zier­ten Chef*in die ehr­li­che Mei­nung zu sagen?

Noch schwie­ri­ger ist es, wenn man von einem pri­va­ten Ereig­nis so aus der Bahn gewor­fen wird, dass man sich auf der Arbeit kaum kon­zen­trie­ren kann. Das kann eine Tren­nung sein, ein kran­kes Fami­li­en­mit­glied, Streit mit Freun­den, kör­per­li­che Beschwer­den oder ein­fach die Woh­nungs­su­che in über­füll­ten Innen­städ­ten. Was kann man tun, wenn einen Emo­tio­nen wie Ärger, Trauer oder Frust bis an den Schreib­tisch beglei­ten? Wann darf man seine Gefühle am Arbeits­platz zeigen und wann sollte man lieber zurück­ste­cken? Wir stel­len unter­schied­li­che Wege vor, wie man kon­struk­tiv mit schwie­ri­gen Emo­tio­nen am Arbeits­platz umge­hen kann, ohne sie her­un­ter­zu­schlu­cken.

Ver­ant­wor­tung für die men­tale Gesund­heit über­neh­men

Kata­stro­phen pas­sie­ren nicht selten vor acht Uhr früh. Und noch bevor man sich die Schuhe ange­zo­gen hat, steht das Pri­vat­le­ben Kopf. Ein Streit eska­liert, ein Kind wird krank, ein Brief infor­miert über die Miet­erhö­hung, das Auto springt nicht an und noch dazu haben einem die lauten Nach­barn den Schlaf geraubt. Es hilft alles nichts, Zähne zusam­men­bei­ßen, Mantel an und raus aus der Haus­tür. Sobald man dann im Büro ange­kom­men ist, schlurft man nie­der­ge­schla­gen zur Kaf­fee­ma­schine, lenkt sich mit Small­talk ab und scrollt eine halbe Stunde lang durch den eige­nen Face­book-Feed. Per­sön­li­che Emo­tio­nen beein­flus­sen an sol­chen Tagen nicht nur die eigene Leis­tungs­fä­hig­keit, son­dern können im schlimms­ten Fall auch die Stim­mung des gesam­ten Teams belas­ten.

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Als erstes sollte man sich fragen, ob man wirk­lich arbeits­fä­hig ist. Wenn man merkt, dass die Gedan­ken immer wieder abschwei­fen, unan­ge­nehme Erin­ne­run­gen von der Arbeit ablen­ken oder dass man heim­lich alle fünf Minu­ten das Smart­phone checkt, ist es wich­tig, Ver­ant­wor­tung für sich und die Situa­tion zu über­neh­men. Beson­ders, wenn man beruf­lich viel Kun­den­kon­takt hat oder wich­tige Dead­lines ein­zu­hal­ten sind, ist es wich­tig, sich der eige­nen men­ta­len und phy­si­schen Kapa­zi­tä­ten bewusst zu werden. Kann man der Arbeit wirk­lich nach­ge­hen oder würde man sie nur halb­her­zig aus­füh­ren? Eine Ant­wort darauf kann man sich nur selbst geben. Viel­leicht hilft es, sich einem Kol­le­gen oder dem*der Vor­ge­setz­ten anzu­ver­trauen. Dabei muss man sich gar nicht in Details ver­lie­ren. Es reicht schon zu sagen, dass es einen pri­va­ten Vor­fall gege­ben hat, der es einem schwer macht, die Auf­ga­ben des Tages gewis­sen­haft und zufrie­den­stel­lend aus­zu­füh­ren. Die eige­nen Pro­bleme anzu­spre­chen, hat zwei Vor­teile. Ers­tens wird man so die Erfah­rung machen, dass andere Per­so­nen viel­leicht schon ähn­li­che DInge erlebt haben und des­halb Rat und Trost spen­den können. Zwei­tens kann es sogar den Team­zu­sam­men­halt stär­ken, Ver­letz­lich­keit zu zeigen, denn das ist schließ­lich auch ein Ver­trau­ens­be­weis.

Gefühle zu zeigen, ist also nicht unpro­fes­sio­nell. Ganz im Gegen­teil. Wenn man sich selbst erlaubt, seine Emo­tio­nen wahr­zu­neh­men, kann man ange­mes­se­ner auf sie reagie­ren, ohne dass sie sich auf die Arbeit selbst aus­wir­ken. Wenn im Pri­vat­le­ben eine beson­ders belas­tende Situa­tion auf­taucht, ist es oft besser, sich diesem inne­ren Pro­zes­sen für einige Zeit voll und ganz zu widmen. So kann man schnel­ler wieder zur gewohn­ten Leis­tung zurück­fin­den und zeigt außer­dem eins: Mensch­lich­keit.

Her­aus­for­de­rung für den Arbeit­ge­ber

Arbeits­psy­cho­lo­gen raten immer wieder dazu, offen mit den eige­nen Emo­tio­nen umzu­ge­hen. So ver­mei­det man Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen und Miss­ver­ständ­nisse und kann vor allem ver­hin­dern, dass man seine Wut oder Trauer an ande­ren Kol­le­gen aus­lässt. Für Arbeit­ge­ber können die per­sön­li­che Emo­tio­nen der Mit­ar­bei­ter eine große Her­aus­for­de­rung dar­stel­len. Auch wenn der*die Vor­ge­setzte nicht dafür ver­ant­wort­lich ist, die pri­va­ten Pro­bleme zu lösen, kann doch ein Raum geschaf­fen werden, in dem Gefühle offen kom­mu­ni­ziert werden dürfen. Tim Hage­mann, Inha­ber des Lehr­stuhls Arbeits­or­ga­ni­sa­tion an der Fach­hoch­schule Bie­le­feld, sagt, dass ​„mensch­li­ches Han­deln ohne Gefühle nicht mög­lich ist“. Den­noch erlebe er immer wieder, dass das Thema in der Arbeits­welt längst nicht so offen behan­delt wird, wie es nötig wäre.

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Prof. Dr. Jochen Menges, der an der Otto Beis­heim School of Manage­ment in Düs­sel­dorf zum Thema Grup­pen­e­mo­tio­nen forscht, sieht das Pro­blem schon in der Aus­bil­dung. ​„Das Pro­blem ist, dass wir Gefühle als Gegen­spie­ler der Gedan­ken sehen, wir brau­chen aber beides. Gefühle blei­ben bei der Aus­bil­dung oft auf der Stre­cke“, so der Wis­sen­schaft­ler. Eben­falls inter­es­sant: Menges konnte in einer großen Studie her­aus­fin­den, dass die Fähig­keit zur Emo­ti­ons­er­ken­nung mit dem Jah­res­ein­kom­men kor­re­liert. Um das zu bewei­sen, tes­te­ten die Wis­sen­schaft­ler die Emo­ti­ons­er­ken­nungs­fä­hig­kei­ten der Arbeit­neh­mer, indem sie ihnen Bilder und Ton­auf­nah­men vor­spiel­ten und frag­ten, welche Emo­tio­nen sie darin erken­nen würden. Zusätz­lich befrag­ten die For­scher die Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten der Arbeit­neh­mer zur deren sozia­len Kom­pe­ten­zen. Das Ergeb­nis: Men­schen mit guter Emo­ti­ons­er­ken­nungs­fä­hig­keit ver­hal­ten sich geschick­ter in sozia­len Kon­tex­ten, werden als koope­ra­ti­ver, rück­sichts­vol­ler und hilf­rei­cher ein­ge­schätzt, und erhiel­ten ein höhe­res Gehalt.

Wie Unter­neh­men diese Erkennt­nisse und auch die ​“Fähig­keit zum Fühlen” nutzen, liegt trotz­dem in der Hand der ein­zel­nen Füh­rungs­kräfte. Michael Bloch­berg, Per­so­nal­lei­ter des Con­ti­nen­tal-Kon­zerns hat in diesem Zusam­men­hang ange­merkt, dass gute Füh­rung nur dann gelinge, wenn Füh­rungs­kräfte offen sind und es schaf­fen, dass Mit­ar­bei­ter sich in schwie­ri­gen Situa­tio­nen trauen, ihre Gefühle zu zeigen. Der Psy­cho­loge Ger­hard Blickle rät eben­falls dazu, ehr­lich zu sein, solange eine gewisse Dis­tanz gewahrt wird – auch in Unter­neh­men mit fla­chen Hier­ar­chien. ​“Zu sagen, ich habe mich von meinem Part­ner getrennt, sorgt sicher nicht für nega­tive Reak­tio­nen. Die Details aus­zu­brei­ten ist dage­gen nicht ratsam. Da werden die pro­fes­sio­nelle und die pri­vate Ebene ver­mischt, das kann das Gegen­über auch über­for­dern”, so Blickle. Wenn die Arbeit selbst zur Ursa­che für Frust oder nega­tive Emo­tio­nen ist, können Details hin­ge­gen sehr wich­tig sein, um schnell eine Lösung zu finden. 

Mit Frust zur Leis­tungs­stei­ge­rung

Wenn nega­tive Gefühle durch die Arbeit selbst her­vor­ge­ru­fen werden, sollte man sich schnell fragen, was genau die innere Unzu­frie­den­heit aus­löst. Wenn einen die Arbeit frus­triert, kann man diesen Frust sogar nutzen, um die Situa­tion schnell zu ver­bes­sern.

Im Arbeits­kon­text ist eine gewisse Sou­ve­rä­ni­tät von­nö­ten, wenn man ein kon­kre­tes Pro­blem bespre­chen möchte, genauso wie eine beson­nene und doch freund­li­che Dis­tan­ziert­heit. Wenn es um die eigent­li­che Arbeit geht, ist es wich­tig, dass man zu starke Emo­tio­nen regu­lie­ren und ange­mes­sen aus­drü­cken kann. Ein allzu hef­ti­ger Gefühls­aus­bruch kann das Ver­hält­nis nach­hal­tig beein­flus­sen und auch das Schlich­ten zukünf­ti­ger Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten erschwe­ren. Wie man es schaf­fen kann, die eige­nen Emo­tio­nen im Ernst­fall auch mal ​“nach­zu­jus­tie­ren”? Psy­cho­loge Blickle gibt einen wich­ti­gen Tipp: ​“Indem man die Emo­tion als eine Infor­ma­tion betrach­tet, neben der es aber noch andere Infor­ma­tio­nen gibt. Das schafft Abstand. Ein Gefühl wie Miss­trauen ist zum Bei­spiel erst mal gut. Es sorgt dafür, dass ich zwei­mal hin­schaue, wenn ich einem Kol­le­gen gegen­über skep­tisch bin. Aber dieses Gefühl des Miss­trau­ens darf nicht zu groß werden. Wenn man es geprüft hat, muss es auch mal ein Ende haben”. 

Für erfolg­rei­che Kom­mu­ni­ka­tion der eige­nen Bedürf­nisse braucht es sowohl Emo­ti­ons­re­gu­la­tion, als auch Empa­thie für das Gegen­über. Auch Kol­le­gen und Vor­ge­setzte sind in eigene Gedan­ken und Geschich­ten ver­strickt. Beson­ders, wenn ein locke­res Ver­hält­nis zwi­schen allen Mit­ar­bei­tern besteht, ist es wich­tig, darauf zu achten, die Gren­zen der ande­ren nicht zu über­schrei­ten. Wenn man sich unsi­cher ist, ob man seinen Kol­le­gen gerade zu viel zumu­tet, hilft nur eines: offene Kom­mu­ni­ka­tion.

Gefühle sind keine Stör­fak­to­ren

Wer Gefühle zeigt, wirkt nicht nur authen­tisch, son­dern moti­viert im Zwei­fels­fall sogar andere Kol­le­gen, das­selbe zu tun. Trotz­dem sollte man zwi­schen pri­va­ten und beruf­li­chen Emo­tio­nen unter­schei­den. Pri­vate Geschich­ten oder Schick­sals­schläge können einen von der Arbeit ablen­ken und sogar arbeits­un­fä­hig machen. In sol­chen Momen­ten müssen wir beson­ders acht­sam mit den eige­nen Gefüh­len umge­hen und zur Not auch mal die Stopp­taste drü­cken oder die Arbeit uner­le­digt lassen, bis es uns emo­tio­nal wieder besser geht. Das ist nicht nur für das eigene Wohl­be­fin­den wich­tig, son­dern auch für die Arbeits­leis­tung und die Pro­duk­ti­vi­tät des ganzen Teams. Wenn einen hin­ge­gen der Job selbst frus­triert, man wütend auf einen Kol­le­gen ist oder sich nicht aus­rei­chend geför­dert fühlt, ist es hilf­reich, erst einmal tief durch­zu­at­men. Eine Beför­de­rung, mehr Ver­trauen oder schelle Kon­flikt­lö­sung erreicht man selten durch einen Wut­aus­bruch. In sol­chen Momen­ten hilft Acht­sam­keit gegen­über den eige­nen Emo­tio­nen, auch mal einen Gang her­un­ter­zu­fah­ren und die Gefühle ein­fach nur wahr­zu­neh­men, ohne sich zu sehr von ihnen mit­rei­ßen zu lassen. 

Gene­rell müssen Gefühle keine Stör­fak­to­ren sein, wenn man rich­tig mit ihnen umgeht und vor allem Ver­ant­wor­tung für sich und sein Innen­le­ben über­nimmt. So kann man nach und nach lernen, die eige­nen Reak­tio­nen besser zu steu­ern, sich in das Gegen­über hin­ein­zu­ver­set­zen, und gemein­sam bes­sere Lösun­gen zu finden. Für eine posi­tive Grund­stim­mung im Büro und auch beim Fei­er­abend­bier.

Im Online-Magazin von 7Mind erscheinen wöchentlich neue Artikel und Impulse rund um die Themen Achtsamkeit und Meditation. Das Team liefert aktuelle Denkanstöße, gepaart mit wissenschaftlich fundierten Fakten zu Schwerpunkten wie Erfolg, Arbeit, Glück und Beziehungen.