Dieser Artikel ist Teil der Interview-Reihe über die Kollegiat*innen des Hertie-Innovationskollegs, welches unter dem Leitthema „Demokratie stärken“ unterschiedliche Projekte fördert. Anne-Marie Kortas ist seit April 2016 Kollegiatin des HIK und verfolgt seitdem ihr Projekt unter dem Themenfeld "Zukunft des gesellschaftlichen Zusammenhalts" – „Diversität und Integration“. Sie ist Politologin und studierte in Potsdam, Costa Rica und an der Hertie School of Governance in Berlin.
Was ist das Ziel deines Projektes „Diversität und Integration“?
Es gibt bei dem Thema „Geflüchtete“ sehr viele Menschen, die sich engagieren – Zivilgesellschaft, Staat und Unternehmen. Akteure kooperieren aber oft nicht, koordinieren ihre Arbeit nicht und sprechen teilweise nicht einmal miteinander. Daher stellt sich die Frage: Erfüllen die Projekte wirklich die Bedürfnisse der Geflüchteten?
Ich habe zwei Ziele. Einerseits möchte ich die Bedürfnisse der Geflüchteten hinaustragen: Was ist für sie wichtig? Wie definieren sie Zielgruppen gerichtete Angebote? Auf der anderen Seite möchte ich Wissen vermitteln und die Mentalität von Akteuren, die Angebote vermitteln, verändern. So möchte ich dazu beitragen, dass es mehr zielgruppengerechte Angebote für Geflüchtete gibt und konkrete Handlungsansätze für bestimmte Stakeholder entwickeln.
Am Anfang sind es vor allem Kommunen und Wohlfahrtverbände, die ich anspreche, aber Unternehmen und Stiftungen sollen später auch hinzukommen. So gesehen profitieren von meiner Arbeit alle Akteure, die Projekte mit Geflüchteten fördern oder umsetzen und nicht den direkten Zugang zur Zielgruppe haben.
Wie genau findest du heraus, was die Bedürfnisse sind?
Ich war bereits vor diesem Projekt in der Flüchtlingsarbeit unterwegs. Die Bedürfnisse konnte ich zu Beginn des Projektes durch Interviews, Co-Design Workshops und durch schlichte Beobachtungen in Flüchtlingsunterkünften eruieren. So machte ich zunächst eine große Erhebung und stelle jetzt noch Nachfragen zu bestimmten Themen.
In welchem Stadium war dein Projekt zu Beginn der Förderphase? Und wie bist du dazu gekommen, genau dieses Thema anzusprechen?
Mein Projekt war noch ganz am Anfang. Ich habe gesehen, dass es sehr viele Angebote für Geflüchtete, aber auch viele Probleme gibt. So habe ich mir das Ziel gesetzt, Forschung auf diesem Gebiet zu betreiben und herauszufinden, woran es liegt, dass es bei diesen Angeboten so viele Probleme gibt. Ich wollte in meinem Projektzeitraum auch Weiterbildungen in diesem Bereich anbieten. Allerdings habe ich während des Jahres festgestellt, dass es erstmal wichtiger ist sich mit der Forschungsfrage auseinander zu setzen, da diese doch sehr komplex ist. Aus diesem Grund erhielt ich auch eine Weiterförderung, um diese Frage weiterverfolgen zu können.
Wie wirst du bei deinem Projekt vom Hertie-Innovationskolleg unterstützt?
Das HIK ist eine extrem wichtige Förderung für mich, die mir den Rücken freihält und mich stärkt. Auf der einen Seite ist die finanzielle Förderung super und man kann sich dadurch voll auf das Projekt konzentrieren. Auf der anderen Seite schätze ich sehr das Netzwerk und die Unterstützung des Kollegs. Es werden Workshops für uns angeboten, die oftmals genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind. Vor Kurzem brauchte ich Informationen zu Fundraising und einige andere auch. Dann wurde extra für uns ein Workshop zu diesem Thema angeboten. Durch die Zusatzgelder habe ich die Möglichkeit, Veranstaltungen zu besuchen und auch auf wichtige Konferenzen zu gehen.
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Das Hertie-Innovationskolleg schließt wirklich die Lücke zwischen einer tollen Idee und einem ausgearbeiteten Plan. Normalerweise muss eine Idee schon sehr ausgereift sein und ein detaillierter Projektplan vorliegen, um eine Förderung zu bekommen. Hier ist es völlig in Ordnung, wenn die genaue Vorgehensweise erst während der Projektzeit entsteht und auch bei Bedarf abgeändert werden kann. Es werden viele sehr unterschiedliche Projekte gefördert und alle profitieren von diesem Austausch. Man kann das eigene Projekt in einem Jahr extrem weit bringen. Selbst alleine kann man in einem Jahr sehr, sehr viel erreichen, wenn man sich engagiert. Man kann für das Thema, wofür man brennt, wirklich etwas erreichen!
Denkst du, dass du in dieser Zeit schon etwas erreicht oder verändert hast?
Ich glaube schon! Bei bestimmten Akteuren ist das Thema Bedarfsorientierung der Geflüchteten jetzt auf die Agenda gebracht. Ich hatte vor Kurzem ein Treffen mit den Ehrenamtskoordinatoren des Berliner Senats und konnte dort meine Ergebnisse präsentieren. Ich habe auch Kontakt zu Kommunen, die das Thema nun auch thematisieren.
Ich generiere einen Mehrwert, indem ich die Ergebnisse zu den Bedürfnissen der Geflüchteten aufgearbeitet und zusammengefasst habe. Dadurch sind die Bedarfe viel greifbarer geworden. Einerseits liefere ich eine Erklärung und andererseits praktische Tipps. Partizipation ist dabei ganz wichtig, zum Beispiel im Kontext der Workshop-Gestaltung für Geflüchtete.
Hast du schon einen Plan für die Zukunft, also für die Zeit nach dem HIK?
Durch die Weiterförderung, die ich für weitere neun Monate erhalten habe, kann ich nun in die Testphase starten. Mein persönliches Ziel ist es, danach in der Migrationsberatung tätig zu sein, entweder selbstständig als Beraterin oder ich schließe mich einer Organisation an, in der ich mich in diesem Themenbereich weiter hauptberuflich engagieren kann.
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