Wir sprechen dieser Tage viel von Ethik: Ethik der Daten, Ethik von Algorithmen und Ethik der Digitalisierung (siehe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier). Ethik definiert, was zum Guten und zum Bösen zählt. (Für ein unterhaltsames mehr – siehe Was ist Ethik? Philosophisches Kopfkino (3sat)). Doch diese Unterscheidung hat sich mit der Digitalisierung nicht geändert. Unsere Werte – wie Solidarität, Humanität und Verantwortung – sind gleich geblieben. Vielmehr geht es darum, diese Werte im Kontext der digitalen Produkte, der App-Anwendungen, der Tracker, der Online-Plattformen, der KI-basierten Smart Services etc. anzuwenden.
Wir leben aktuell im „digitalen Wilden Westen“
Bislang kann man den Eindruck gewinnen, dass wir aktuell in einer Art „digitalem Wilden Westen“ leben. Unternehmen geht es darum, „aus dem Hinterhalt“ möglichst viele Daten zu erbeuten und zu Geld zu machen (siehe z.B. Facebook und Cambridge Analytica Skandal). Oder durch neue Formen des menschenunwürdigen Arbeitens ihren Profit zu mehren (siehe z.B. Film über Clickworker in Manila). Oder uns wichtige Auswirkungen der Digitalisierung auf den Energieverbrauch und damit auf das Klima „zu verschweigen“ (z.B. „Eine einzige Berechnung von einem Block in dieser Blockchain ist ungefähr zehntausend Mal so energieintensiv wie eine Kreditkarten-Transaktion.“, sagt Tillmann Santarius im Interview mit dem BR.).
Unternehmerische Verantwortung bietet neue Geschäftschancen
Vielen Unternehmen ist inzwischen klar, dass sich diese Phase der „Freibeuterei“ dem Ende nähert. Europäische Unternehmen verfolgen eigene, gesellschaftlich getragene Visionen der Digitalisierung - jenseits des „Silicon Valley“. Sie überdenken daher ihre Geschäftsmodelle in Bezug auf mehr Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung im Digitalzeitalter. Möglicherweise entscheidet die gesellschaftliche Verantwortung im Geschäftsmodell sogar über das Überleben (vgl. Arbeit 2028: Trends, Dilemmata und Chancen). Denn mehr Nachhaltigkeit bietet Geschäftschancen: 12 Billionen US-Dollar Umsätze und Kosteneinsparungen könnten im Jahr 2030 durch die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele („Sustainable Development Goals“, SDG) mittels Digitaltechnologie erzielt werden. Auf diese atemberaubenden Summen kommt der „UN Global Compact“ – die Wirtschaftsorganisation der United Nations – zusammen mit renommierten Partnern in ihrem Report 2030 Vision. Dabei geht es beispielsweise um eine klima-resiliente Landwirtschaft mittels Wettersensoren, um „Smarte Mobilität“ mittels autonomer Fahrzeuge oder um personalisierte Medizin, in der „Wearables“ relevante medizinische Daten aufzeichnen und es damit Ärzten ermöglichen Patienten von der Ferne aus zu begleiten.
Auch die „unerwünschten Nebenwirkungen“ im Blick behalten
Wenn das Ziel eine digitale Welt ist, die die Menschen im Fokus hat und gut für den Planeten ist, dann dürfen jedoch die „unerwünschten Nebenwirkungen“ der Digitalisierung nicht außer Acht gelassen werden. Es bestehen bereits heute eine Reihe von Risiken, mit denen wir als Gesellschaft und ganz individuell umgehen, z.B.
- die Lücke digitaler Fähigkeiten, z.B. sieht sich heute ein Viertel aller Deutschen – immerhin 16 Millionen - aufgrund fehlender Kompetenzen im „digitalen Abseits“,
- die „unethische“ Nutzung von Kundendaten und Korruption der digitalen Selbstbestimmung,
- der ökologischer Fußabdruck der Digitaltechnik,
- der ungleiche Zugang zu Digitaltechnologie und ihren Vorteilen und damit das Entstehen weiterer sozialer Ungerechtigkeiten,
- der Druck auf Gemeinschaft und Wohlbefinden, z.B. durch einen „Kollaps der Realität“ in Sozialen Medien, und
- eine intransparente digitale Welt, deren Regeln von der Gemeinschaft nicht kontrolliert werden können, z.B. die Funktionsweise von Künstlicher Intelligenz.
Es geht also in gleicher Weise um die Nutzung von Chancen und das Abwenden von Risiken.
Corporate Responsibility weitet sich zur Corporate Digital Responsibility
Unternehmerische Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung weitet daher den Blick hin zu den Veränderungen, die Cyberspace und Industrie 4.0 bringen (vgl. Video zu Corporate Digital Responsibility von Deloitte am Tag der Deutschen Industrie, 09.10.2018)
„Corporate Digital Responsibility“ (CDR) bezieht sich auf die Unternehmensverantwortung in der digitalen Gesellschaft und kann als „Unternehmerische Digitalverantwortung“ übersetzt werden. Der Begriff meint die freiwillige Selbstverpflichtung zum nachhaltigen Wirtschaften von Unternehmen, das die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen durch die Digitalisierung mit berücksichtigt (vgl. CSR News).
Es geht darum, die Digitalisierung zu einem Win-Win für Unternehmen und Gesellschaft zu gestalten. Wir dürfen gespannt sein. Wir dürfen uns als Verbraucher*innen, Bürger*innen, Manager*innen und Unternehmer*innen einmischen und gestalten!
Alle Changemaker, die sich für dieses innovative Gebiet des Nachhaltigkeitsmanagements interessieren, sind herzlich zum Webinar „Innovatives CSR- & Nachhaltigkeitsmanagement“ am 26. Oktober 2018, 12:00 bis 13:00, eingeladen. Weitere Infos hier.
Dr. Saskia Dörr ist Nachhaltigkeitsmanagerin und Digitalexpertin mit über zwanzig Jahren Erfahrung in Management-Positionen. Vor einigen Jahren gründete sie WiseWay BERÄT UNTERNEHMEN. Mit WiseWay möchte sie dazu beizutragen, dass der digitale Wandel Mehrwerte sowohl für Unternehmen als auch Gesellschaft schafft. Im aktuellen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit macht sie die Veränderung durch die Digitalisierung und die damit einhergehende gesellschaftliche Verantwortung für Praktiker in Unternehmen und öffentlichen Organisationen zugänglich.