ursprünglich erschienen: 12.08.2015
Wer ist nun der wahre Künstler – ein Architekt? Ein Musiker? Ein Journalist?
Nun, kreativ sind sie alle. Und sind somit ein Teil der Kultur – und Kreativbranche. Eine Branche, deren wahre Wirtschaftlichkeit noch immer als Wunder wahrgenommen wird.
Wer einen kreativen Berufsweg einschlägt, der wird mit der brotlosen Kunst konfrontiert, mit einem Luftikus, der um der Ecke lauert und mit der leisen, verzweifelten Vorahnung auf Arbeitslosigkeit.
Soweit die Clichés. Dass die Kreativität aber noch viel mehr kann, ist Vielen nicht bewusst.
Kreativität hat schon lange nicht mehr ausschließlich mit Gemälden im Museum zu tun – Kreativität ist Wissenschaft, Technologie, Management und Politik.
Wie kommt das?
Seit 2007 gibt es die Initiative Kultur-und Kreativwirtschaft in Deutschland. Ihr Ziel: den Sektor zu etablieren und zu fördern. Denn der Umsatz von 145 Milliarden Euro macht die Kultur- und Kreativwirtschaft zu einer der wachstumsstärksten Branchen der Welt.
249.000 Unternehmen sind es, die ihre Kreativität zum wirtschaftlichen Projekt machen.
Um das zu würdigen, rief die Initiative 2010 erstmals einen Wettbewerb aus und kürte die glücklichen Gewinner zu Kultur- und Kreativpiloten. Inzwischen ist diese Auszeichnung eine der etabliertesten der Branche.
Fabian Seewald vom Projekt „DUNDU“ („Du und Du“) war im Jahr 2012 einer der Kultur- und Kreativpiloten. Zusammen mit dem Puppenspieler Tobias Husemann und dem Musiker Stefan Charisius ziehen sie mit ihrem Team und einer fünf Meter großen Lichtgestalt um die Welt: bei den olympischen Spielen in London waren sie, auf dem Tahir Platz in Ägypten und vor kurzem erst in Korea. Sogar mit Helene Fischer stand DUNDU schon gemeinsam auf der Bühne. Fabians Idee war es, Teambuilding Workshops mit DUNDU an Unternehmen anzubieten. An einer deutlich kleineren DUNDU Puppe lernen die Teams ihre Handlungen aufeinander abzustimmen und miteinander zu arbeiten. „Das ist ein gemeinsamer Atem“, sagt Fabian, „ nur wenn man zusammen arbeitet, bringt man DUNDU in Bewegung.“
Fabian Seewald ist ein Kreativer Entrepreneur: ein Entrepreneur, der kreativ produziert und wirtschaftlich handelt. Das ist leichter gesagt, als getan. Denn der Markt, auf dem sich ein kreativer Entrepreneur bewegt, ist ein einziger Hürdenlauf. In vielen Fällen sind künstlerisch-kreative Produkte noch nicht einmal greifbar – Theateraufführungen beispielsweise, Live Konzerte, Festivals, oder Kinovorstellungen. Das, was nach der Show in den Händen bleibt, ist die halb eingerissene Eintrittskarte. Das, was man im Herzen mit nach Hause nimmt, ist schwer zu messen: der wirtschaftliche Wert basiert auf einer völlig subjektiven Erfahrung. Bei Architekten und Designern ist das produzierte Endergebnis oft auch ein Prototyp, bei dem allein das Urheberrecht schon zu einer komplizierten Angelegenheit wird.
In Deutschland sind 97% der kulturell-kreativen Unternehmen Mikrounternehmen. Es gibt wenige Großunternehmen mit einer fest und lang bestehenden Infrastruktur. Die Mehrheit ist selbständig, arbeitet freiberuflich und zieht von Projekt zu Projekt. Dementsprechend finden sich hier Meister der Anpassung, die dynamisch und flexibel sind und schnell auf sich verändernde Trends reagieren.
Die traditionelle Produktionskette – der Produzent am Einen und der Verbraucher am anderen Ende -wird von kreativen Entrepreneuren völlig auf den Kopf gestellt.
Neue Technologien, allen voran das Internet, machen es leicht, sich zu vernetzen und auszutauschen. So können die Reaktionen und Rückmeldungen der Verbraucher von Anfang an in die Produktionsprozesse einfließen. Verändert sich die Nachfrage, kann das Angebot schnell angepasst werden. Der Konsument wird quasi zum Co-Produzenten.
Somit ist die Kultur- und Kreativwirtschaft nicht nur eine wirtschaftsstarke Branche, sondern auch eine, die ein Zukunftsmodell für neue Arbeitsmethoden und –prozesse schon jetzt erfolgreich vorlebt. Arbeiten in Teilzeit, projektbezogene Stellen, Home Office – all das sind Begriffe, die für die Kultur- und Kreativwirtschaft schon längst nicht mehr zum Fremdwortvokabular gehören. Das macht sie zu einem wichtigen Impulsgeber für andere Wirtschaftssektoren, die sich an der Dynamik und Flexibilität der Kreativen Entrepreneure ein Beispiel nehmen können.
Die Kultur- und Kreativbranche ist riesig: vom Musiker bis zum Kulturmanager, vom Schauspieler bis zum Innendesigner, vom Autor bis zum Werbeagenten. Kreativität hat Zukunft – egal, ob sie in Skripte fließt, oder in Lösungsansätze für weltbewegende Herausforderungen.
Das Cliché vom arbeitslosen Luftikus, der mit seiner Kreativität brotlos bleibt, ist nicht mehr zeitgemäß. Die Kreativpiloten sind definitv ein guter Anfang, um Segelflieger über Deutschland fliegen zu lassen, einen Banner hinter sich ziehend, der weitere Menschen inspiriert, motiviert und vielleicht schon bald selbst zu Piloten werden lässt.
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Über die Autorin
Ariane Vera- Fluixá studiert international Relations und Englisch an der University of Aberdeen. Außerdem ist sie Teammitglied von ProjectTogether, eine Initiative die Menschen dabei hilft ihre sozialen und kreativen Ideen zu realisieren.