Die Zukunft von Führung ist menschlich

Wie wir in der neuen Arbeitswelt zu unserem Ursprung finden.

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von Julia von Winterfeldt, April 18, 2017
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ursprünglich erschienen: 12.12.2016

Wir stehen am Ende einer Ära, die mit Führungsprinzipien wie Kontrolle und Autorität als goldene Regeln für Erfolg und Anerkennung enden. In unruhigen Zeiten wie heute, in denen uns keine Nachricht mehr so wirklich schocken kann und wir uns immer stärker der Faszination von Technologien hingeben…verlieren wir uns. Zwischen Trump, Brexit und Flüchtlingskrise auf der einen und Künstlichen Intelligenzen, Autonomen Autos und Virtual Realities auf der anderen Seite braucht es jetzt umso mehr in der sich verändernden Arbeitswelt eine neue Form von Führung – Führung, die echt ist und damit menschlich.  

Human Leadership / Menschliche Führung
Hier geht es nicht mehr länger nur um Zahlen und KPIs sondern vielmehr um die Menschen im Unternehmen. Es geht darum den ganzen Menschen wahrzunehmen und zu fördern. Die Stärken und Schwächen zu erkennen.

Tritt man in unsere heutige Arbeitswelt, wird schnell klar, das ist keine Trendwelle, sondern bedeutet früher oder später ein Überlebenskampf: Survival of the Fittest (reloaded).

Organisationen aus langjähriger Tradition, wie Autobauer Daimler oder BMW transformieren sich zu Mobilitätsanbietern und konkurrieren gegen ‚Disrupter‘ wie Uber und Tesla. Wer wird es schaffen, sich zu verändern, um zu überleben ohne seinen Ursprung zu verlieren?

Neben Marktveränderungen, Globalisierung und zunehmender Digitalisierung und Automatisierung hat sich unsere persönliche Lebenswelt genauso rasant verändert. Junge Generationen, aufgewachsen mit dem Internet, verlangen nicht nur nach flexiblen Arbeitsweisen und sozialem Engagement, sondern stehen für eine Revolution von Arbeit und Leben. Gleichzeitig steigt der Druck an Leistung, Erfolg und Konkurrenz – auch hier: ein Survival of the Fittest.

Unsere Welt ist schnelllebig geworden, komplex, und gleichzeitig stehen uns alle Möglichkeiten offen. Wir wissen, es braucht Veränderung, um als Organisation und als Mensch allen unterschiedlichen Herausforderungen standhaft zu bleiben.

Das Wesentliche wurde unsichtbar

Aus eigener Erfahrung habe ich beobachtet, dass in Organisationen ausgerechnet der Mensch als Individuum und stärkste Kraft zu oft vernachlässigt wird. Das exponentielle Wachstum und der erfolgsorientierte Wettbewerbskampf hat Unternehmungen gelähmt und, wie es der Autor des vielzitierten Kleinen Prinzen Antoine de Saint-Exupéry sagte: „Das Wesentliche für die Augen unsichtbar gemacht“.

Gerade jetzt steht die Verantwortung jeder Führungskraft im Zentrum, um Organisationen in die nächste Ära zu leiten. Nach der ‘State of Leadership Development’ Studie 2015 der Brandon Hall Group geben 71 Prozent der Befragten an, dass ihre Führungskräfte genau dafür nicht in der Lage seien. Die Ursache dafür liegen in nicht vorhandenen Fähigkeiten, und damit sind keine fachlichen, sondern soziale und menschliche gemeint: Kommunikation, Resilienz, Kollaboration, Ambiguität und vor allem Coaching, im Sinne von Potenziale erkennen, fördern und Eigenverantwortung übertragen – die Kontrolle abgeben und vertrauen. In Hinblick auf die Entwicklungskraft von Automatisierung stellen sich darüber hinaus Fragen nach unserer existenziellen Berechtigung. Einer Studie des McKinsey Global Institute zufolge werden 110 bis 140 Millionen Menschen im Jahr 2025 durch automatisierte Tools in ihrer Tätigkeit ersetzt. In dieser Konfrontation zwischen Mensch und Maschine stellt sich die Frage: Welche Qualitäten und Werte brauchen zukünftige Führungskräfte?  Und wie könnten künstliche Intelligenzen als ‘Coach’ genutzt werden?

Wir blicken einer unsicheren Zukunft entgegen. Es genügt nicht, Unternehmungen agiler und ‚lean‘ zu führen und dabei Werte neutral zu bleiben. Mehr als je zuvor wird eine klare Positionierung und Bereitschaft zum Handeln gefordert und damit ein ‚Human Leadership‘ – Führen mit Menschlichkeit. Wenn wir einen wertvollen Beitrag zu Gunsten unserer Gesellschaft als Gemeinschaft schaffen wollen, ist es an der Zeit, in sich hineinzuhören, sein Bewusstsein zu schärfen, um sich mit wieder mit dem Selbst und anschließend auf einer tiefergehenden, menschlichen Ebene mit anderen zu verbinden - letztlich mit dem 'Wir' anstatt dem 'Ich'.

Dafür müssen Führungskräfte stärker integrativer Teil der Organisation werden. Dies bedarf sowohl Bereitschaft, sich selbst zu öffnen, um neue Verhaltensweisen anzunehmen, als auch eine ganzheitliche Transformation innerhalb der Organisation. Auf diese Weise können Organisationen wieder mit mehr Bewusstsein gefüllt werden und Teil einer Purpose-orientierten Community sein.

Ohne innere Arbeit, keine Wirkung

Wo also beginnen? Eine neue, wirkungsvolle Ausrichtung beginnt beim Selbst. Denn ohne innere Arbeit, Reflektion und Bereitschaft, sich selbst in Frage zu stellen, wird kein Schritt nach vorne gemacht. Und das Wichtigste, erlaube das Kostbarste unserer heutigen Welt: Zeit.

Sich einzugestehen, dass es Veränderung braucht, sich selbst und von anderen kritisch zu hinterfragen und Neues zu lernen erfordert Mut, Gewöhnung und Ausdauer.

Beginne jetzt.

  1. Erlaube Deine Schwächen: Gerade als Führungskraft, sei dir ebenso bewusst über deine Schwächen als auch deine Potenziale. Genau wie aus unseren Fehlern können wir aus unseren Schwachstellen lernen, sich uns ihnen stellen und uns daraus entwickeln. Bist du jemand, der gerne die Kontrolle und den Plan behält, probiere aus und übe dich, Stück für Stück Verantwortung abzugeben. Vertraust du anderen, vertrauen sie dir.
  2. Lass Dich inspirieren: Führung geht weit über die Wirkung in Unternehmen hinaus. Erweitere deine Perspektive und schaue dich in deinem Umfeld, in deiner Lebenswelt um. In welchen Bereichen findet Führung auf welche Weise statt? Was ist es, was wir von politischen Führungspersonen und ebenso Kindergärtnerinnen lernen können? Sei aufmerksam und versuche, neue Muster zu erkennen und sie dich als Inspiration zu nutzen.
  3. Nimm Dir Zeit: Wir kennen es alle. Job, Familie, Freunde, Veranstaltungen – Verpflichtungen, die zur Last fallen können, weil wir einfach keine Zeit mehr für uns finden. Zurück also zu dem Wesentlichen, zu deinem Selbst. Mens sana in corpore sano bedeutet so viel wie: "a healthy mind in a healthy body" – übersetzt in unsere Zeit: Sei achtsam. Niemand zwingt dich auf eine Yogamatte oder in ein Meditationsseminar, aber probiere aus, am Anfang oder Ende des Tages für ein paar Minuten still zu sitzen, dich nur auf dich zu konzentrieren und deine Gedanken freien Lauf zu lassen. Nimm dir Zeit für dich.
  4. Zeige Mitgefühl: Wie wir kommunizieren, denken wir auch. Oft hilft es, seine Gedanken mit Kollegen, Freunden oder seiner Familie auszutauschen. Sei offen für Ratschläge, neue Blickwinkel und Diskussionen. Höre genau hin und übe dich in Empathie und Mitgefühl. Was will mir mein Gegenüber wirklich sagen? Was löst es bei mir aus?
  5. Halte den Moment fest: Am Ende des Tages ist es nützlich, zu reflektieren. Was hat mich heute glücklich gemacht? Was beschäftigt mich gerade? Nimm dir ein Journal und fang an zu Schreiben. Es mag am Anfang Überwindung kosten, aber fängst du einmal an, hörst du nicht mehr so schnell auf. Versprochen.

Über die Autorin

Julia von Winterfeldt

Julia von Winterfeldt hat sich nach 18 Jahren bei Digitalagenturen wie Pixelpark, SapientNitro, AKQA und Accenture im vergangenen Jahr mit SOULWORX selbstständig gemacht. Die Strategieberatung für Neues Arbeiten und Markenführung im digitalen Zeitalter bezeichnet sich selbst als Arbeitsatelier für Sinn, System und Seele und stellt die Sinnhaftigkeit ins Zentrum allen Handelns. Aus eigener Unzufriedenheit über die heutigen Organisationen möchte sie mit SOULWORX ihren Beitrag für eine sinngetriebene und wertvolle Arbeitswelt schaffen. Mehr Informationen: www.soulworx.de