Kein Licht ohne Schatten: Warum wir Gegensätze brauchen

Gegen­sätze ziehen sich an, denn man kann sie auch als Teil eines großen Ganzen betrach­ten. Mit dieser Ein­stel­lung kann man auch zu mehr Balance finden und Nega­ti­ves besser ver­ar­bei­ten.

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von Alex­an­dra Gojowy, August 8, 2018
Kein Licht ohne Schatten

Gastbeitrag von 7Mind.

Das Gesetz der Pola­ri­tät besagt, dass alles in der Welt zwei Pole hat und diese auch braucht, um im Gleich­ge­wicht zu blei­ben. Tat­säch­lich beruht ein Groß­teil unse­res Lebens auf dem Prin­zip der Gegen­sätze. Ohne Nacht kein Tag, auf die Ebbe folgt die Flut und auch Leben und Tod sind untrenn­bar mit­ein­an­der ver­bun­den. Es scheint, als wären wir einem ganz natür­li­chen Pro­zess unter­ge­ord­net, den wir, trotz fort­schrei­ten­der Tech­nik und Digi­ta­li­sie­rung, nicht umge­hen können. 

Wir wissen, dass die Welt aus Gegen­sät­zen besteht, trotz­dem fällt es uns schwer, diese Gewiss­heit auf unse­ren Alltag zu über­tra­gen. Oft tun wir alles, damit es uns bloß nicht schlecht geht. Leider belas­ten viele der täg­li­chen Bewäl­ti­gungs­stra­te­gien, wie zum Bei­spiel Niko­tin, Alko­hol oder Kof­fein, lang­fris­tig unse­ren Körper und Geist. Die Ursache: Gefühle, die wir als nega­tiv bewer­ten, gehen wir lieber aus dem Weg. Dadurch lösen sie sich aber nicht in Luft auf. Viel­mehr sitzen sie dann in unse­rem Unter­be­wusst­sein fest und warten nur darauf, bis ein uner­war­te­tes Ereig­nis sie wieder an die Ober­flä­che holt. Ja, Aus­ein­an­der­set­zun­gen sind unbe­quem. Doch wer ewige Harmo­nie anstrebt, ver­drängt einen wich­ti­gen Teil in sich selbst, der gehört werden will. 

Pola­ri­tät bedeu­tet auch, dass die Beto­nung des einen Pols dazu führt, dass auch der andere immer größer wird. Jeder kennt den großen Knall, der immer dann folgt, wenn man Kon­flik­ten über einen län­ge­ren Zeit­raum kon­se­quent aus dem Weg gegan­gen ist. Genauso wie beim Ein- und Aus­at­men, ist das Leben ein Wech­sel­spiel von zwei Seiten. Was wir brau­chen, ist ein wenig mehr Gelas­sen­heit, um die Dinge so hin­zu­neh­men, wie sie sind. Ganz ohne den Drang, sie ver­än­dern oder ver­bes­sern zu wollen. Wir geben dir drei Denk­an­stöße an die Hand, die dir mehr Wert­schät­zung für die Welt der Gegen­sätze ver­mit­teln können. 

Gegen­sätze sind Teil des glei­chen Ganzen

Oder auch: ​“Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille”. Das alt­be­kannte Sprich­wort sagt viel über die Natur der Gegen­sätze aus. Je nach Blick­win­kel, lässt sich wohl jeder Umstand im Leben unter­schied­lich bewer­ten. Ein gutes Bei­spiel dafür sind plötz­li­che Ver­än­de­run­gen im beruf­li­chen oder pri­va­ten Umfeld. Ver­än­de­run­gen sind meist unan­ge­nehm, denn sie stel­len bekannte Struk­tu­ren auf den Kopf und können einen ganz schön aus dem Gleich­ge­wicht brin­gen. Nach­dem sich die ersten Wogen geglät­tet haben, kann man einer Ver­än­de­rung aber meist auch etwas Posi­ti­ves abge­win­nen. So wird einem schnell bewusst, dass viele Gescheh­nisse nicht sta­tisch sind und sich mit der Zeit ver­än­dern können.

Ein bekann­tes Sprich­wort besagt: ​“Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind, wir sehen sie, wie wir sind”. Wenn du einer schwie­ri­gen Erfah­rung gegen­über­stehst, mach dir bewusst, dass es nur eine Erfah­rung ist, die von Natur aus eigent­lich ​“leer” ist. Die Bewer­tung findet in deinem Kopf statt und wird durch deine sub­jek­tive Wahr­neh­mung geprägt. Wenn du beson­ders unglück­lich über die Situa­tion bist, dann ver­su­che, sie als Teil des Ganzen zu akzep­tie­ren. Wahr­schein­lich stellt sie das Gegen­stück zu einer beson­ders schö­nen Erfah­rung dar, die du bereits machen durf­test – oder die bereits auf dich wartet. So nimmst du dem Gefühl seine End­gül­tig­keit und kannst deinen Hori­zont leich­ter für neue Erfah­run­gen öffnen. 

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Es gibt nichts zu tun

Unsere Gesell­schaft und auch unsere Wirt­schaft stre­ben stän­dig nach Wachs­tum. Im Vor­der­grund stehen Wei­ter­ent­wick­lung, Selbst­op­ti­mie­rung und das Errei­chen von mög­lichst viel in immer kür­ze­rer Zeit. So hat man nicht nur das Gefühl, die Zeit würde sich immer weiter beschleu­ni­gen, man fühlt sich auf­grund der Schnell­le­big­keit auch zuneh­mends erschöpft. Es ist natür­lich kein Pro­blem, Pläne zu schmie­den, Ziele zu haben und sich wei­ter­ent­wi­ckeln zu wollen. Zu oft machen wir unse­ren Selbst­wert jedoch von diesen äuße­ren Fak­to­ren abhän­gig.

Acht­sam­keits­trai­ning kann dabei helfen, den Fokus wieder nach Innen zu lenken. Die regel­mä­ßige Stille macht dich unab­hän­gi­ger von äuße­ren Reizen und schafft einen Ort der Ruhe, in den du dich bei Bedarf zurück­zie­hen kannst. Je häu­fi­ger du diese Stille übst, desto leich­ter fin­dest du sie auch in schwie­ri­gen Situa­tio­nen. Gelas­sen­heit hat auch etwas mit ​“lassen” zu tun. Die Dinge ein­fach mal ruhen lassen. Wer die Erfah­rung macht, dass er nichts tun oder lassen muss, um zu sein, hat das Poten­tial von Acht­sam­keits­trai­ning bereits erkannt. Im Grunde gibt es nichts zu tun, außer den Moment so anzu­neh­men, wie er sich gerade dar­stellt.

Zu inne­rer Balance finden

Natür­lich wirft einen das Leben auch mal aus der Bahn. Manche Erfah­run­gen lassen sich nur schwer hin­neh­men und brin­gen viel­leicht sogar Schmerz und Frus­tra­tion mit sich. In sol­chen Momen­ten kannst du dir bewusst machen, dass du die guten Zeiten ohne diese dunk­len Momente nicht schät­zen könn­test. Auch weiß man oft nicht, was genau man von einem Beruf oder von einer Part­ner­schaft erwar­tet, wenn man vorher nicht die Erfah­rung gemacht hat, was man nicht möchte. 

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Du siehst, was auch immer du jetzt als nega­tiv bewer­test, ist mit etwas Abstand nur als eine Seite der Medaille zu erken­nen. Wenn du dir das Prin­zip der Pola­ri­tät zunutze machst, kannst du dir sicher sein, dass am ande­ren Ende wieder eine schöne Erfah­rung auf dich wartet. Ganz wie ein Pendel, das in zwei Seiten aus­schlägt. In der Mitte findet sich ein kurzer Moment der geis­ti­gen Balance, das Hier und Jetzt, in dem es keine zwei Seiten gibt, son­dern nur ein großes Ganzes, das in lie­ben­der Akzep­tanz betrach­tet werden möchte. 

Ver­giss nicht, dass es ein lebens­lan­ger Pro­zess ist, sich immer wieder in der Mitte ein­zu­pen­deln. Auch, wenn du dort nur für einen win­zi­gen Moment ver­weilst: Ehe dich deine Gedan­ken wieder in die eine oder andere Rich­tung schwin­gen, wirst du erken­nen, dass Licht ohne Schat­ten nicht mög­lich ist. Und so einen Schritt in Rich­tung inne­rer Frei­heit machen.

Im Online-Magazin von 7Mind erscheinen wöchentlich neue Artikel und Impulse rund um die Themen Achtsamkeit und Meditation. Das Team liefert aktuelle Denkanstöße, gepaart mit wissenschaftlich fundierten Fakten zu Schwerpunkten wie Erfolg, Arbeit, Glück und Beziehungen.