ursprünglich erschienen: 23.12.2015
Die viele ehrenamtliche Arbeit für Geflüchteten ist unbeschreiblich. Mittlerweile suchen Politik und Zivilgesellschaft aber auch nach nachhaltigen, selbstfinanzierbaren Möglichkeiten Geflüchtete willkommen zu heißen und zu integrieren.
Von 190 Bewerbungen wurden die folgenden 14 Initiativen nun als Stipendiate „Ankommer. Perspektive Deutschland“ ausgewählt, und haben nun die Möglichkeit durch Coachings, Co-Working Spaces und finanzieller Unterstützung noch mehr Gutes zu tun. Wir wünschen viel Erfolg dabei - weiter so!
Refugee Law Clinic Leipzig e.V. / Leipzig
Die Refugee Law Clinic ist ein von Jurastudenten der Universität Leipzig gegründetes Projekt mit dem Ziel, geflüchtete Menschen in Rechtsbelangen kostenlos zu beraten und zu unterstützen. Ein erheblicher Bedarf besteht nicht nur in der Beratung bezüglich des Aufenthaltsrechts, sondern auch bezüglich des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Deshalb wird das Beratungsangebot gerade in den dafür relevanten Bereichen ausgebaut. Das Konzept umfasst neben der Beratung auch eine selbst organisierte Ausbildung zur ehrenamtlichen Rechtsberatung im Asyl- und Aufenthaltsrecht, die durch eigenfinanzierte Vorlesungen, Tutorien und Hospitationen in Kooperation mit der Universität Leipzig gewährleistet wird. Das Team besteht aus Jurastudenten und Volljuristen und ist eng an die Juristische Fakultät der Universität Leipzig angebunden.
Refugio + querstadtein / Berlin
Im Berliner Refugio Sharehaus leben Geflüchtete und Berliner in einem gemeinschaftlichen Haus zusammen. Dort gibt es ein Coaching-Programm bei dem jeder Deutsch lernen und durch umfassende Begleitung eine Arbeit oder eine sinnvolle Ausbildung beginnen kann. Bewohner verpflichten sich zu einem individuellen Programm, das ihre Fähigkeiten und Talente im Haus und im Kiez wecken soll. Das Refugio entwickelt Co-Working, Werkstätten, soziale Unternehmen und Netzwerke mit befreundeten Initiativen. So können an verschiedenen Stellen Arbeitsplätze entstehen, wie beispielsweise im Café. Die Bewohner werden aktiv hinsichtlich Selbständigkeit und Arbeit beraten. Das Refugio kooperiert mit der Initiative querstadtein, die das Sharehaus um ein Begegnungskonzept ergänzt. Auf biographischen Stadtführungen bekommen Besucher die Chance, die Geschichte eines geflüchteten Menschen kennenzulernen. Gemeinsam bilden das Refugio Sharehaus und querstadtein einen Verbund, der sowohl für Geflüchtete als auch für Einheimische durch Arbeit und Begegnung neue Perspektiven schafft. Das Team besteht aus Engagierten, Künstlern und Geflüchteten, die seit dem Sommer 2015 als Projekt der Berliner Stadtmission das Refugio gestartet haben. querstadtein hat mit seinem Konzept, Stadtführungen mit obdachlosen Stadtführern anzubieten, erfolgreich das Social Impact Start Programm durchlaufen und plant nun die Übertragung des Konzepts auf andere Gruppen, u.a. Geflüchteten.
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dokARt – ein internationales Filmfestival / Neubrandenburg
Das internationale Dokumentarfilmfestival dokumentART in Neubrandenburg wird von dem Verein Latücht Film & Medien e.V. durchgeführt, der auch die Medienwerkstatt „kummunales Kino“ vor Ort betreibt und Mediengestalter und Veranstaltungstechniker ausbildet. Im Festivalbüro, im Kino und in der Medienwerkstatt können zukünftig ca. 10-12 geflüchtete junge Menschen pro Jahr ausgebildet werden. In einem speziellen Programm wird es ihnen ermöglicht, die Arbeitsgrundlagen im Alltag der dokumentART, der Medienwerkstatt und des Kinos kennenzulernen und ihre Deutschkenntnisse anzuwenden und weiterzuentwickeln. Auf Dauer werden diese Mitarbeiter auch das Programm inhaltlich mit verantworten. Während des Festivals werden außerdem Praktika und Stellen auf Honorarbasis angeboten. Die neuen Mitarbeiter sollen gleichzeitig als Multiplikatoren für das Festival, das Kino und die Medienwerkstatt in der Flüchtlings-Community dienen. Der Verein hat eine Kooperation mit dem Migrationszentrum der AWO, wodurch bereits 20 Flüchtlinge als Ehrenamtliche beim Festival eingesetzt werden. Der Verein ist gut in der Stadt vernetzt, ein anerkannter Ausbildungsbetrieb und ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe.
Wir für Flüchtlinge / Heidelberg
Der Verein Wir für Flüchtlinge schafft Eins-zu-Eins Mentoring-Beziehungen zwischen jugendlichen Geflüchteten, Schülern, Studierenden und Berufstätigen gleichen Alters. Dem Mentoring-Programm liegt eine Qualifizierungsstruktur nach dem Vorbild von ROCK YOUR LIFE! zugrunde. Das Mentoring ist auf ein Jahr ausgelegt und verfolgt das Ziel, lokale Unternehmen dafür zu öffnen, Praktikums- und Ausbildungsplätze für Geflüchtete anzubieten. Der Verein kooperiert mit der Plattform workeer.de und begleitet Geflüchtete in allen Aspekten im Bewerbungsprozess. Eine Wir für Flüchtlinge gGmbH soll in Zukunft für die Skalierung zuständig sein. Lars Maertins ist PEP-Vollzeitstipendiat 2015 und Vorstandsvorsitzender von ROCK YOUR LIFE! Heidelberg. Seine Mitgründer befinden sich nach einem Ethnologiestudium in der Weiterbildung zu interkulturellen Lehrtrainern. Die Skalierung wird durch die Geschäftsführer und Gründer der RYL! gGmbH durch persönliches Engagement begleitet.
Axil – Arbeit im Exil / Neuruppin
Das Team um den ESTAruppin e.V. will eine gemeinnützige Cateringfirma gründen, die regional das Nischenprodukt „arabisches Essen“ als Kerngeschäft aufbauen wird und sich zunächst an das regionale Gemeinwesen als Absatzmarkt richtet. Jugendliche Geflüchtete können sich dort unter Anleitung einer migrantischen Fachkraft die Grundlagen für eine Ausbildung oder eine Anstellung in der Gastronomie erarbeiten. Die Fachkraft soll von Anfang an in die konzeptionellen Planungen und die Entwicklung des Geschäftsplans eingebunden werden. Schrittweise werden weitere Geschäftsfelder wie ein Imbisswagen, Kochkurse und ein Cateringservice im freien Markt aufgebaut. ESTAruppin e.V. plant eine strukturelle Erweiterung durch einen Betrieb, mit dem soziale Arbeit unabhängig von Drittmitteln nachhaltig finanziert werden kann. Das Team besteht aus einer migrantischen Fachkraft sowie einer Fachkraft aus dem kaufmännischen Bereich und wird durch die Geschäftsführung unterstützt.
CodeDoor / Frankfurt
Bei CodeDoor lernen junge Geflüchtete zwischen 13 und 30 Jahren mit Hilfe von gespendeten Laptops das Programmieren. Das Team bereitet alte Laptops auf, stellt Räumlichkeiten und Software Tools sowie Software- und Bewerbungstutoren zur Verfügung. Auch die Vernetzung der Programmteilnehmer mit interessierten Unternehmen aus dem Netzwerk der Gründer, der Aufbau eines Teacher-Training-Programms sowie die Übertragung des CodeDoor-Ansatzes auf weitere Städte in Deutschland sind Ziel des Projekts. Beide Gründer sind Programmierer und haben Erfahrung im Aufbau von Startups.
Stich by Stich – Made in Germany / Frankfurt
Mit professionellen geflüchteten Näherinnen wird eine Schneider-Werkstatt aufgebaut, die kleine Serien-Produktionen für lokale Startup Mode-Labels zeitnah und effizient anfertigen kann. Durch die Verbindung von Handwerk und Design können wertvolle und traditionelle Techniken aus der jeweiligen Kultur in modernes Design miteingebracht werden. Geflüchtete Näherinnen werden schnell in den Arbeitsprozess integriert, durch die enge Zusammenarbeit mit den Designern werden sie in Deutsch und anderen Fertigkeiten weitergebildet, zusätzlich sollen Seminare angeboten werden. Langfristig kann auch eine Ausbildungsstätte für Lehrlinge eingerichtet werden. Nicole von Alvensleben ist Gründerin eines Design Startups, Diplom-Designerin und gelernte Werbekauffrau. Claudia Frick ist Gründerin eines Mode Startup Labels, Diplom-Mode-Designerin und gelernte Maß-Schneiderin.
Social Garden / Erfurt
Das Ziel von Social Garden ist die Gründung einer gemeinnützigen GmbH, welche moderne, nachhaltige und ökologisch sinnvolle Agrarwirtschafts- und Anbaumethoden etabliert. Kern der Arbeit ist es, bisher nicht genutzte und als unwirtschaftlich geltende Flächen für den Nahrungsmittelanbau zu gewinnen, wieder zu beleben und sie nachhaltig und naturnah zu kultivieren. Dabei werden insbesondere jungen Flüchtlingen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten geboten, indem diese ihre Erfahrungen und Interessen einbringen, durch die Arbeit mit der Natur ggf. traumatische Erlebnisse überwinden und langfristige Perspektiven entwickeln können. Michael Seeber absolvierte ein Studium im Bereich Gartenbau und engagiert sich ehrenamtlich im soziokulturellen Bereich, unter anderem als Mitinitiator eines transkulturellen Gartens in Erfurt.
Avenir – Zeitarbeit für und mit Geflüchteten / Leipzig
Hinter Avenir steckt die Idee, ein Zeitarbeitsunternehmen für Geflüchtete zu gründen, das diesen einen ersten Zugang zum Arbeitsmarkt verschafft, zugleich aber auch vor den negativen Folgen der Zeitarbeit schützt und neue berufliche Perspektiven bietet. So wird ein Netzwerk von Unternehmen aufgebaut, welche mit wenig bürokratischem Aufwand und wenig Risiken Geflüchtete anstellen können. Die Geflüchteten erhalten durch das Projekt eine Orientierung auf dem für sie oftmals unübersichtlichen Arbeitsmarkt und werden durch Angebote wie Sprachassistenz oder Hilfe bei Behördengängen begleitet. Die Einnahmen aus den Entleihgebühren sollen dazu verwendet werden, Geflüchteten eine Weiterqualifizierung oder Sprachkurse zu ermöglichen. Die Beschäftigung in der Zeitarbeit dient Geflüchteten als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt und ermöglicht zugleich durch die Begleitung im Projekt die Perspektive eines regulären Beschäftigungsverhältnisses. Martin Hackethal engagiert sich bereits ehrenamtlich für Geflüchtete und hat Berufserfahrung in der Öffentlichkeitsarbeit. Sein Teamkollege studiert Sozialmanagement und bringt bereits Berufserfahrung in der Berufsberatung mit.
Mygrade e.V. – Netzwerk für Flüchtlinge / Berlin
Mygrade wendet sich an hochqualifizierte Geflüchtete und will ihnen zu einem Berufseinstieg in Deutschland verhelfen. Dazu hat das Team ein Empfehlungsmanagement entwickelt, lernt die Menschen persönlich kennen und klärt mit ihnen vorab alle rechtlichen, sprachlichen und qualifikationsbezogenen Fragen. Anschließend organisiert das Team sogenannte „Wirtschaftsdialoge“, in denen sich deutsche Arbeitgeber und Geflüchtete gleichen Berufsfeldes treffen und vernetzen. Dadurch können Arbeitsplätze oder Praktika vermittelt werden. Der Verein Mygrade e.V. (www.mygrade.net) ist bereits gegründet, das Team besteht aus dem Rechtsanwalt Paul Schmitz und Bashar Hassoun, einem syrischen Kriegsflüchtling.
Café-connect / Duisburg
Das Café Connect eröffnet als Multimediales Lernzentrum für geflüchtete Menschen. Dadurch entsteht eine Begegnungs- und Bildungsstätte im multimedialen Kontext, in der Berufs- und Ausbildungsberatung, Schulungen und Unterstützung zum Thema Stellensuche, Bewerbungstraining und Training für Vorstellungsgespräche sowie Sozialberatung angeboten werden. Zudem wird ein Café betrieben und es finden PC-Schulungen und ein PC-Service statt. Geflüchtete Menschen bekommen die Möglichkeit, im Café Connect mitzuarbeiten. Gegebenenfalls können dort auch Berufspraktika durchgeführt werden, die als Bildungsbausteine anerkannt werden. Das Team besteht aus Sozialpädagogen, Sozial- und Erziehungswissenschaftlern, einem Fachinformatiker und einem erfahrenen Gastronomen.
Essen verbindet / Düsseldorf
Das Team von Essen verbindet plant ein Sozialunternehmen bei dem frisches Schulessen aus Bio-Produkten hergestellt und geflüchtete Frauen in ein deutschsprachiges Arbeitsteam integriert werden. Das Mittagessen wird direkt an den Schulen gekocht. Dadurch entstehen Arbeitsplätze und die Schulkinder lernen Esskultur und Lebensmittelqualität zu schätzen. Alle Mitarbeiterinnen werden bei allen Schritten eingesetzt, um jeden Arbeitsprozess kennen zu lernen. Durch die Arbeit in kleinen Teams mit deutschsprachigen Kolleginnen können die geflüchteten Frauen Deutsch lernen. Bei entsprechender Eignung kann daraufhin eine Ausbildung oder Festanstellung erfolgen. Das Konzept wurde bereits erfolgreich an einer Schule umgesetzt und wird nun an weiteren Schulen und sozialen Einrichtungen etabliert. Das Team besteht aus Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund und will zeigen, dass Frauen jeden Alters beruflich erfolgreich sein können.
refugee canteen / Hamburg
In der ersten Phase des Projekts wird eine Akademie aufgebaut, in der geflüchtete Menschen für den Berufseinstieg in der Gastronomie vorbereitet werden. Der Lernprozess wird dabei jedoch nicht einseitig gestaltet, sondern die Erfahrungen, Ideen und Geschmäcker der Geflüchteten werden von Anfang an mit einbezogen. In der zweiten Phase des Projekts wird die Kantine eröffnet, zunächst als Pop-up Konzept in Hamburg. Auch hier werden Geflüchtete von Anfang an mitentscheiden und mitarbeiten. refugee canteen bringt ökologische, soziale und kulturelle Ansätze zusammen und macht sie wirtschaftlich tragbar. Lukas Halfmann ist gelernter Koch, Benjamin Juergens ist Berater für strategische Markenberatung und hat bereits Gründungserfahrung.
Fair Furniture / Hamburg
Fair Furniture bereitet wiederverwendbare Ressourcen von Messeständen mit Hilfe von Geflüchteten auf. Auf der Messe aussortierte Materialen (Möbel, Wände oder Dekorationen aller Art) werden von Geflüchteten unter Anleitung als Möbelstücke wieder aufbereitet und entweder selber genutzt oder verkauft. Auf einem Online-Portal können Unternehmen angeben, welche Materialien nach einer Messe übrig bleiben und ab wann sie verfügbar sein werden. Nach der Messe werden diese Ressourcen in eine dafür vorgesehene Halle auf dem Messegelände transportiert, die zugleich als Aufbereitungsstätte dient. Dort finden zum einen die Tischler- und sonstigen Arbeiten statt und zum anderen wird die weitere Logistik und der Verkauf organisiert. Die Einnahmen werden zum Teil gespendet und zum Teil für die Finanzierung der Arbeitsplätze verwendet. Stephanie Meyer arbeitet in der Live-Kommunikationsbranche, Lars Zimmermann ist als Architekt bereits im Bereich Messebau tätig.
Presented in collaboration with Ankommer.