Am Samstag findet persist* - tbd's Messe rund um Jobs mit Impact - in Berlin statt. Teil des Programms ist auch eine Karriereberatung, die von Dr. Anne Danco und Esther Kimmel durchgeführt wird. Anne verfügt über eine mehr als 20-jährige Berufs- und Führungserfahrung. Ihre Beratungsschwerpunkte liegen bei der berufliche Neuorientierung, Karriere- und Führungskräftecoaching, Persönlichkeitsentwicklung, gewaltfreie Kommunikation und Konflikt- und Stressmanagement. Esther ist ebenfalls Coach und berät seit 2008 Unternehmen aus der Kommunikations-, Kreativ und Gesundheitsbranche sowie für Einzelpersonen, die beruflich etwas in ihrem Leben verändern wollen. Wir haben den Anlass genutzt und den beiden vorab Fragen zu ihrer spannenden Arbeit gestellt.
Erzählt ein bisschen über euch. Wie war euer bisheriger Berufsweg und wie seid ihr zum Coaching gekommen?
Anne: Bevor ich mich als Coach und Mediatorin selbständig gemacht habe, war ich mehr als 15 Jahre als Rechtsanwältin und Unternehmensjuristin unterwegs. Dabei hat mir vor allem die Arbeit mit unterschiedlichen Kooperationspartnern und Kunden sehr viel Spaß gemacht – Themen aus verschiedenen Perspektiven betrachten, Interessen herausarbeiten und gemeinsam tragfähige Lösungen entwickeln. Über meine eigene Führungsrolle als Teamleiterin habe ich Coaching kennengelernt und war von diesem Beratungsansatz auf Augenhöhe von Anfang an begeistert. Ich habe dann nebenberuflich eine Coaching- und später noch eine Mediationsausbildung gemacht. Der Weg in die Selbständigkeit war für mich ein großer Schritt, weil ich natürlich gute Rahmenbedingungen und Sicherheit aufgegeben habe. Auf der anderen Seite hat es mich total gereizt, nochmal etwas ganz Neues auszuprobieren. Der Beratungskontext und das Thema persönliche Weiterentwicklung haben mich immer schon sehr interessiert. Außerdem sind mir eine gewisse Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit beim Arbeiten wichtig, so dass ich mich als Freiberuflerin gerade sehr wohl fühle.
Esther: Vor meiner freiberuflichen Tätigkeit als Coach und Trainerin, habe ich mehr als 10 Jahre in verschiedenen Unternehmen gearbeitet, u.a. als Pressesprecherin eines Verlages, im Kulturmanagement (Design Center) und fünf Jahre im Bereich Public Affairs für eine der führenden internationalen Kommunikationsagenturen. Ich war es entsprechend gewohnt, mit Mitarbeitern und Kunden aller Hierarchie-ebenen zusammen zu arbeiten. Alle Stationen hatten ihren Reiz, aber dann wollte ich mein eigenes Ding machen und habe meine unbefristete Festanstellung aus freien Stücken gekündigt ohne noch recht zu wissen, wohin die Reise gehen würde. Über einen kleinen Umweg der Leseförderung, Stichwort "Kinderliteraturhaus" ist die Idee entstanden, Menschen zu unterstützen ihre Potentiale zu entdecken und zu leben. Das mache ich jetzt seit 10 Jahren und bin rundum zufrieden mit meiner Berufswahl!
Was ist der Unterschied zwischen Coaching und Supervision?
Anne: Unterschiedlich ist vor allem der Kontext. Supervision kommt aus dem psycho-sozialen Bereich, und es geht in der Regel darum, Menschen in ihrer Beraterrolle zu unterstützen. Coaching ist an keinen bestimmten Kontext gebunden. Allerdings geht es meist um berufliche Fragen – entweder um die persönliche Weiterentwicklung oder um Führungsthemen. Die Unterschiede zwischen den beiden Formaten sind aber fließend. Die wichtigste Gemeinsamkeit ist aus meiner Sicht, dass die Klientinnen und Klienten Experten in eigener Sache sind, Supervisor(in) und Coach dagegen Experten für den Beratungsprozess.
Esther: Das lässt sich ganz leicht auf meinem Blog nachlesen. In der Supervision geht es häufig um Beziehungsarbeit und im Coaching eher um Ziele und wie ich dorthin gelange. Aus meiner Sicht sind die Grenzen aber fließend und ich finde, dass man es gar nicht so scharf trennen müsste.
Mit welchen Themen kommen Menschen vor allem zu euch?
Esther: Ich habe zwei Schwerpunkte: Zum einen arbeite ich mit Unternehmen zusammen, die mir ihre Führungskräfte anvertrauen zum Thema Gesunde Führung, da geht es häufig um das Klären der eigenen Rolle und den Umgang mit Konflikten, die in Führungspositionen naturgemäß häufiger auftreten, aber auch um Stressmanagement und Selbstfürsorge.
Zum anderen das Thema Karriere, da kommen zum Beispiel Menschen, die das Gefühl haben von einem in den nächsten Job gestolpert zu sein, ohne sich jemals gefragt zu haben, ob der Job auch tatsächlich zu ihnen passt oder sie wollen ihre Bewerbungsunterlagen auf einen zeitgemäßen Stand bringen, um den nächsten beruflichen Schritt zu wagen oder auch ein bevorstehendes Jobinterview vorbereiten.
Anne: In meiner Coaching-Praxis geht es meist um die berufliche Weiterentwicklung, also klassisches „Karriere Coaching“, und um die Unterstützung von Führungskräften.
Als „Karriere Coach“ unterstütze ich Menschen, die sich beruflich neu orientieren oder in ihrem Unternehmen verändern möchten. Bei der Neuorientierung gibt es oft Unsicherheiten, wo die eigenen Stärken liegen, welche Aufgaben und Unternehmen dazu passen und was im Bewerbungsprozess wichtig ist. Bei der Weiterentwicklung innerhalb des Unternehmens geht es meist darum, sich und die eigene Leistung auf eine authentische Art sichtbarer zu machen. Beim Führungskräfte-Coaching sind die Gesprächsanlässe sehr vielfältig – von der Vorbereitung von Mitarbeitergesprächen über Stressmanagement bis zum Umgang mit Konflikten. Letzteres berührt dann auch meine Tätigkeit als Mediatorin, wo es darum geht, Konflikte so zu lösen, dass die Beteiligten danach wieder vernünftig miteinander umgehen können.
Wie geht man am besten mit einem negativen Ausgang auf eine Bewerbung um? Habt ihr bestimmte „Mantras“, um den Drive nicht zu verlieren?
Esther: Was ist ein negativer Ausgang? Eine Absage? Die schönste Geschichte, die ich dazu erzählen kann, geht so. Eine Kundin von mir hatte eine Absage bekommen nachdem sie das Jobinterview ziemlich versemmelt hatte. Dafür gab es gute Gründe, die die Arbeitgeber aber nicht kennen konnten. Die Kundin war dann so mutig einen kurzen Brief zu schreiben, in dem sie die Absage anerekannte und gleichzeitig die Hintergründe für das misslungene Jobinterview erläuterte und bei der Gelegenheit um eine zweite Chance bat. Die hat sie dann bekommen, den Job ebenso.
Mein Rat ist es, eine Absage nicht persönlich zu nehmen. Wenn sich Absagen allerdings häufen, lohnt fast immer ein kritischer Blick auf die eigenen Bewerbungsunterlagen, häufig ist da noch Luft nach oben.
Anne: Nach meiner Erfahrung ist es gut, Bewerbungen als „Projekt“ anzusehen, sich also von der Vorstellung zu lösen, dass man als Mensch bewertet wird. Tatsächlich geht es ja darum, ob die Stellenanforderungen und die eigenen Qualifikationen und Fähigkeiten zusammenpassen. Wenn man das so betrachtet, hilft es schon mal, Absagen nicht zu persönlich zu nehmen. Es ist aber natürlich sinnvoll nach Absagen zu überlegen, ob es z. B. im Bewerbungsgespräch kritische Momente gab. Manchmal bekommt man sogar eine Rückmeldung, wenn man darum bittet. Das kann für künftige Bewerbungen hilfreich sein. Wenn man viele Bewerbungen verschickt, aber nie eingeladen wird, ist es auch eine gute Idee, Dritte – im Zweifel einen Coach – um ein Feedback zu bitten. Wenn diese „Nacharbeit“ erledigt ist, geht es darum, den Fokus wieder auf Erlebnisse zu lenken, wo man Herausforderungen gut bewältigt hat und sich nochmal vor Augen zu führen, welche Fähigkeiten und welche Haltung einem da geholfen haben.
Die Berufswahl ist gerade für junge Menschen ein riesen Thema. Wie kann man am besten herausfinden, welcher Job zu einem passt?
Anne: Als Erstes würde ich überlegen und tatsächlich auch aufschreiben, was meine „Lieblingstätigkeiten“ sind bzw. waren – von der Kindheit über die gesamte Schulzeit und gegebenenfalls Ausbildung. Dabei geht es natürlich nicht nur um Schulfächer oder Ausbildungsinhalte, sondern auch um Freizeitbeschäftigungen. Was ist mir sonst noch wichtig bei einer zukünftigen Tätigkeit? Was motiviert mich? Danach würde ich schauen, wo meine Stärken liegen. Bei welchen Tätigkeiten habe/hatte ich Erfolgserlebnisse, was fällt oder fiel mir besonders leicht? Hier ruhig auch mal Familienmitglieder und Bekannte befragen, die manchmal spannende Hinweise geben können. Wenn man ein klares Bild von den eigenen Interessen, Werten und Fähigkeiten hat, beginnen Brainstorming und Recherche: Welche Ausbildungen, Studiengänge, Aufgaben und Unternehmen passen dazu? Inzwischen gibt es tolle Veröffentlichungen zu den diversen Optionen und sogar Online-Interessentests, die konkrete Studiengänge vorschlagen. Auf der Grundlage kann man dann Unis angucken und Unternehmens-Websites und Menschen kontaktieren, die einem Informationen aus „erster Hand“ geben können.
Esther: Das lässt sich nicht in einem Satz erklären. Auf jeden Fall genauer hinschauen, was ich wirklich gut kann, was mir naturgemäß leicht fällt, worauf ich Lust habe? Und welche Faktoren mir sonst noch wichtig sind.
Herausforderungen? Sicherheit? Verantwortung? Geld? Persönliche oder berufliche Weiterentwicklung? Und natürlich ausloten, welche Unternehmen zu meinen Werten passen, so dass ich mich nicht verbiegen muss. Und dann braucht es eine beherzte Portion Mut mal etwas zu wagen und auszuprobieren, auch ohne vorher 100% sicher zu sein, ob es das Richtige ist.
Wie wichtig ist Spiritualität in eurem Job als Coach?
Esther: Ein gewisses Gottvertrauen ist unverzichtbar.
Anne: Beim Coaching geht es immer auch um Dinge, die nicht ohne Weiteres sichtbar sind. Damit meine ich jetzt nicht „höhere Mächte“, sondern unbewusste Ressourcen und Prozesse. Also z. B. Werte, Überzeugungen oder auch Reaktionsmuster, die wir aufgrund bestimmter Erfahrungen entwickelt haben und die unser Verhalten beeinflussen, ohne dass wir das willentlich steuern. Manchmal sind solche unbewussten „Automatismen“ hilfreich – dann geht es im Coaching darum, den Zugang zu den betreffenden Ressourcen zu stärken. Manchmal blockieren sie uns aber auch. Dann schauen wir, welche Bedürfnisse z. B. hinter einem Glaubenssatz oder Muster stehen, und ob es eine sinnvollere Art gibt, damit umzugehen.
Auf was freut ihr euch am meisten auf dem persist* Summit? Habt ihr schonmal so viele Beratungsgespräche innerhalb so kurzer Zeit geführt?
Anne: Ich freue mich auf interessante Begegnungen mit Menschen, die mit ihrer Arbeit etwas bewegen wollen. Dass die Sinnhaftigkeit im Beruf unglaublich wichtig ist, weiß ich aus eigener Erfahrung und aus meiner täglichen Arbeit. Es fühlt sich daher total stimmig an, dass das Thema auf dem persist* Summit im Fokus steht. Außerdem bin ich natürlich neugierig auf das Speed-Coaching-Format und auf die konkreten Fragen. Für mich ist das eine spannende neue Herausforderung, aber schnell Denken macht eigentlich immer Spaß!
Esther: Ich freue mich darauf mit möglichst vielen verschiedenen Menschen ins Gespräch zu kommen, die die Welt verbessern möchten.
Ich freue mich auf die Themenvielfalt und klar wird es eine Herausforderung sein in „nur“ 20 Minuten zu beraten, aber ich bin total zuversichtlich, dass das Speedberatungsformat aufgeht. Ich mag es ohnehin neue Sachen auszuprobieren, deswegen entwickle ich auch gerade ein neues Onlineformat zum Thema „Erfolgreich bewerben“.
Falls ihr ebenfalls Beratung sucht: Esther's Homepage findet ihr hier und Anne's hier.