4 Dinge, die die Politik tun kann, um Social Entrepreneurship zu stärken

Die Gesellschaft profitiert von der Förderung von Social Startups.

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von Michael Wunsch, August 2, 2017
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Immer wieder zeigen Social Entrepreneurs, dass man selbst anpacken kann, um gesellschaftliche Probleme zu lösen. Egal ob, Flüchtlings-“Krise“, Plastikmüll oder Lebensmittelverschwendung - mit Durchhaltevermögen, Kreativität und einem ausgeprägten Geschäftssinn hat ein jeder die Möglichkeit, die Welt ein wenig nachhaltiger zu gestalten. So zeigen zahlreiche Social Startups, was sie Gutes für Deutschland - und  die Welt - tun.

Social Entrepreneurs brauchen Unterstützung

Doch in den meisten Fällen schafft man den Kraftakt einer sozialen Gründung nicht alleine. Da ist es ratsam, auf Personen und Organisationen zurück zu greifen, die einen bei dieser komplexen Aufgabe ein Stück weit unterstützen. Auch Möglichkeiten zur Finanzierung und einfache bürokratische Abläufe sind von großer Wichtigkeit, um bei der Gründung nicht den Atem zu verlieren. Diese Unterstützungsmechanismen sind jedoch in Deutschland bisher nur wenig entwickelt. Ein Grund dafür liegt in der mangelnden Unterstützung seitens der Politik.

Social Entrepreneurship noch Neuland für deutsche Politik

Die mangelnde Unterstützung hat historische Gründe: Ministerien, Ämter und Politiker sind auf die freie Wohlfahrt ausgerichtet, die seit über hundert Jahren den Auftrag erhält, soziale Missstände in der deutschen Gesellschaft zu beheben. Dazu zählen unter anderem große Organisationen wie die Diakonie, Caritas, AWO oder das Rote Kreuz. Die Ergebnisse, die diese Träger zu Tage fördern, sind beachtlich: Jugendheime, Krankenhäuser, Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigung, Altenheime, Kindergärten – sie decken eine vorbildliche Liste an gesellschaftlichen Leistungen ab. Bezahlt werden sie via Leistungsentgelte oder pauschale Zuschüsse aus den staatlichen Kassen.

Social Startups sind dem gegenüber für die Politik und die Wohlfahrt in vielerlei Hinsicht ein neuer Akteur, den man nicht recht einzuschätzen vermag. Sie agieren kaum innerhalb der althergebrachten Lösungen, setzen stattdessen auf innovative agile Ansätze. Außerdem sind es im Gegensatz zu den Geschäftsführern aus der Wohlfahrt eher junge Menschen und besonders auch Frauen, die sich als Gründer von Social Startups in das Abenteuer schmeißen. Da sind Begriffe wie „Digital First“ und „Shared Economy“ meist ganz selbstverständlich; die Wohlfahrt tut sich damit oft noch schwer.

Der Wert von Social Entrepreneurs

Social Entrepreneurs tun viele Dinge anders, als sie bisher getan wurden. Sie nutzen beispielsweise die Möglichkeit, mit Hilfe von Apps näher an die Zielgruppe heran zu treten oder mit Hilfe von blockchain Besitzrechte in weniger entwickelten Ländern zu regeln. In manchen Fällen scheitern die Bestrebungen, in einigen jedoch zeigen sie neue, innovative Wege, um die Gesellschaft zu verbessern. Sie setzen damit auf die unternehmerische Herangehensweise, so wie es auch gewöhnliche Startups für sich behaupten. Der Vorteil von Social Startups wird schnell ersichtlich, denn sie zeigen Wege auf:

  1. Wie soziale Dienstleistungen billiger umzusetzen sind, wie beispielsweise schon mit Impact Bonds ausprobiert wird.
  2. Wie soziale Dienstleistungen besser an die Zielgruppe herangebracht werden, was eindrucksvoll an der tollen Arbeit unzähliger Social Startups im Geflüchtetenbereich sichtbar ist.
  3. Wie bisher wenig beachtete Zielgruppen eingebunden werden können, zum Beispiel Menschen mit psychischen Erkrankungen in Zuverdienstfirmen.
  4. Wie marktspezifische Lösungen generiert werden können, die nicht mehr ausschließlich von staatlichen Kassen abhängig sind, was unter anderem bei Integrationsfirmen beobachtet werden kann.

Dies alles geschieht in einer Zeit, in der die deutsche Politik immer mehr Kosten einsparen möchte. Marktorientierte Lösungen sind zunehmend die einzige Möglichkeit, gewisse Zielgruppen zu bedienen. Zudem gibt es ein wachsendes Bedürfnis nach evidenzbasierten Lösungen, d.h. nach sozialen Dienstleistungen, die tatsächlich tun, was sie versprechen. Social Startups liefern mit Wirkungsmessung ein zwar noch junges, aber geeignetes Mittel, um verschiedene Anbieter zu vergleichen. Vergessen darf man dabei auch nicht, dass Kunden nicht mehr nur Produkte kaufen, sondern auch verstanden haben, dass sie damit einen Fußabdruck hinterlassen. Die Nachfrage nach sozialen und ökologisch nachhaltigen Produkten steigt also stetig.

Soziale Innovationen strukturiert unterstützen

Der deutsche Staat fördert viele Programme, die für konventionelle Startups abrufbar sind – EXIST, Gründungszuschuss durch die Agentur für Arbeit, INVEST, High Tech Gründerfonds und KfW-Startgeld sind da nur einige Beispiele. Hier setzt der Staat vor allem auf die Entwicklung technologischer Innovationen wie neue Produktionstechniken, digitale Medien oder Medizintechnik. Größtenteils auf sich gestellt sind soziale Innovationen. Bestehende Gründerprogramme sind in den meisten Fällen nur wenig geeignet. Der deutsche Staat unterstützt Soziale Innovationen nicht – nur in Form von vielen Lippenbekenntnissen.

Ein kurzer Blick auf andere Länder mit besserer Unterstützung für Social Entrepreneurs zeigt: Eine passende Förderung zeitigt Ergebnisse, die meist für die gesamte Gesellschaft von Vorteil sind. So schnitt das deutsche Gründerökosystem für Social Entrepreneurs bei der Studie „The best place to be a Social Entrepreneur 2016“ der Thomson Reuters Foundation insgesamt mit Rang 15 ab. Bei dem Punkt „Unterstützung durch die Politik der jeweiligen Regierung” landet Deutschland aber nur noch auf Platz 34 von 45 – zwischen Griechenland und Mexiko. Die deutsche Politik muss dringend an die Förderung von Social Entrepreneurship anders und verstärkter heran gehen.

Das kann die Politik machen

Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND e.V.) hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutsche Startups folgende vier Punkte als „low-hanging fruits“ in einem ersten Positionspapier erarbeitet:

  1. Finanzierung sozialer Innovationen ermöglichen.
  2. Sichtbarkeit und Vernetzung für Social Entrepreneurship stärken.
  3. Einstiegshürden für die Gründung eines Social Startups abbauen.
  4. Talente für eine Karriere im Bereich Sozialunternehmertum begeistern.

In den nächsten zwei Artikeln werde ich noch näher auf diese Forderungen eingehen. Was könnte die Politik realistisch umsetzen und was wäre der konkrete Nutzen?

Bis zum nächsten Artikel in dieser Reihe kannst Du uns in unserer Mission unterstützten. Hier ist, was Du tun kannst:

  1. Schreibe Deiner/m MdB eine Email und erzähle Ihr/m von Social Entrepreneurship. Eine Liste Deiner Repräsentanten samt Anschrift findest Du hier.
  2. Informiere mit dieser Email Deine KollegInnen, die als Impact Professionals arbeiten über SEND e.V.!