Header: Luis Villasmil via Unsplash.
Teilzeitarbeit wird leider immer noch als ein „Frauending“ angesehen. Knapp 50% aller erwerbstätigen Frauen* arbeiten laut Eurostat in Teilzeit, doch nur knapp 10% der Arbeitnehmer. Bei Frauen* mit Kindern liegt die Quote sogar bei 66%, Männer* mit Kindern arbeiten hingegen nur in 6% in Teilzeit.
Dies führt zu Einkommenseinbußen für Frauen*, was sich leider oftmals auch auf die Rente auswirkt. Oftmals besteht gegenüber Teilzeitarbeit auch das Vorurteil, dass diese nur für einfache Arbeiten geeignet sei, und Menschen, die in Teilzeit arbeiten, in die sogenannte Teilzeitfalle treten, die Karrieren unmöglich macht.
Demgegenüber stehen die Verfechter*innen von 20 oder 30 Stunden Arbeitszeit pro Woche, die propagieren, dass die Zufriedenheit, Gesundheit und Produktivität durch weniger Arbeit steigt.
Wie lässt sich Teilzeitarbeit so gestalten, dass sie fair und inklusiv ist?
In unserem letzten HR Frühstück, das zum ersten Mal online stattfand, drehte sich alles rund um das Thema Teilzeitarbeit. Riaan von HappierJobs.org, einer Organisation, die sich dafür einsetzt, dass mehr Traumberufe in Teilzeit für alle Menschen geschaffen werden, gab dazu einen Input und stellte seine Thesen vor:
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Warum hast du dich entschieden, in Vollzeit zu arbeiten?
Für viele Menschen kommt der Gedanke, ob sie Teilzeit oder Vollzeit arbeiten wollen, nicht automatisch. Oft werden Vollzeitstellen einfach angeboten. Eine bewusste Entscheidung dazu folgt meist erst für viele (Frauen), wenn Kinder auf dem Weg sind.
Aber es gibt auch die Menschen, die sich ganz bewusst aus den verschiedensten Gründen für Teilzeitarbeit entscheiden. Und hierunter sind auch viele Fach- und Führungskräfte. Unternehmen und Organisationen, dieTeilzeit also als Chance begreifen, können so eine größere Zielgruppe ansprechen und Mitarbeitenden etwas Besonderes bieten.
Denn Teilzeitarbeit kann viele Vorteile bieten: Höhere Produktivität, höhere Zufriedenheit, weniger Krankheitstage und eine gesteigerte Bindung an die eigene Organisation.
Dies zeigt sich zum Beispiel an der Organisation Digital Enabler, bei der alle Mitarbeiter*innen nur 5 Std am Tag arbeiten und die damit sehr erfolgreich ist.
Was tun, wenn Ängste und Sorgen entstehen?
Wenn es in Organisationen manche Mitarbeitende gibt, die in Teilzeit arbeiten (wollen), und manche, die in Vollzeit arbeiten (wollen), können viele Sorgen und Ängste aufkommen:
Die Vollzeit-Arbeitenden fragen sich Dinge wie: Bleibt alle Arbeit jetzt an mir hängen? Muss ich jetzt mehr leisten, während die andere Person mehr frei hat?
Die Teilzeit-Arbeitenden fragen sich: Kann ich noch spannende Projekte machen? Kann ich Karriere machen? Wie bleibe ich informiert?
Diese Themen müssen in Organisationen offen angesprochen werden. Riaan empfahl dazu, im Rahmen von Workshops zu überlegen, wie eine gute Lösung gefunden werden kann, die die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden im Auge hat.
Wie lässt sich Arbeit fair evaluieren?
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage: Wie können Mitarbeiter*innen, die verschieden viel pro Woche arbeiten, fair bewertet werden? Die Person, die immer am längsten bleibt, ist ja nicht automatisch immer die Beste, auch wenn dieses Klischee noch viel zu tief in vielen Köpfen verankert ist. Für diesen Komplex müssen Führungskräfte sensibilisiert werden.
Als Lösung hierfür gibt es die Möglichkeit, Feedback Prozesse zu standardisieren und so zu gewährleisten, dass die Arbeit, und nicht die Anwesenheit bewertet wird.
Wie schafft man mehr Produktivität?
Was hält Menschen davon ab, Projekte, Aufgaben und Prozesse rechtzeitig zu beenden? Oft liegt es nicht an fehlender Qualifikation, sondern an zu viel Kommunikation per Mail, zu vielen langwierigen Meetings, fehlenden Informationen und umständlichen Entscheidungsprozessen. So kann es sich dann so anfühlen, als wäre Teilzeit gar nicht möglich.
Produktivität ist jedoch selten an die Zeit gekoppelt, die Personen mit Aufgaben verbringen, sondern mit der Konzentration und dem Fokus, die eingebracht werden können. In Teilzeit arbeitende Menschen berichten oft, dass sie produktiver geworden sind, wenn sie von Voll- in Teilzeit gewechselt haben (inklusive der Autorin!).
Daher ist es ratsam genau zu evaluieren: Was sind meine Hauptaufgaben? Was hält mich davon ab, sie abzuschließen? Lösungen hierfür lassen sich meist am besten im Team bearbeiten, zum Beispiel durch gemeinsame Kommunikationsguidelines, die festlegen, wann, wieviel und über welche Kanäle kommuniziert wird.
Dabei sollte man genau hinsehen, welche Aufgaben mit wenig Wertschöpfung, die nicht auf Gesamtziel einzahlen, bewusst gestrichen werden können.
Was bedeutet asynchrones Arbeiten für uns?
In einer Organisation, in der alle Mitarbeitenden 40 Stunden pro Woche arbeiten, arbeiten alle synchron. Wenn es jedoch Personen gibt, die zum Beispiel in Teilzeit arbeiten, kommt es dazu, dass es Zeiten ohne Überlappung gibt.
Diese Situationen gibt es oftmals aber auch schon ohne Teilzeitarbeit, zum Beispiel bei Gleit- oder Vertrauensarbeitszeit, Urlaub, Geschäftsreisen oder wenn einzelne Personen in Meetings sind und somit anderen nicht direkt auf Fragen antworten können.
Doch oftmals entstehen solche asynchronen Arbeitsverläufe ohne System und wirken daher so, als würde ein solches Arbeiten nicht funktionieren. Denn asynchrones Arbeiten benötigt kluge Kommunikation und feste Strukturen. Hilfreich laut Riaan ist es hierbei, Zukunftsszenarien zu entwickeln:
- Zeiten, in denen man erreichbar ist, blocken
- Klare Tage und Zeiten für Meetings definieren, in denen sie angesetzt werden dürfen
- Digitale Diskussion und Entscheidungswege schaffen (Projektmanagement Tools / Online Dokumente)
Dabei sollten auch immer feste Routinen zur Reevaluation der Situation geschaffen werden.
Teilzeitarbeit kann also, wenn geplant und überlegt eingesetzt, eine Chance für Organisationen bieten, produktiver zu werden und zufriedenere Mitarbeiter*innen zu haben.