ursprünglich erschienen: 02.05.2016
Wer sich in die Stiftungswelt aufmacht, landet in einem geschlossenen System. Zugedröhnt mit öffentlicher und privater Wertschätzung kann man sich leicht dem Glauben hingeben, man bewege hier allein schon durch die Zugehörigkeit zur Szene etwas Substantielles. Eine Stiftung zu managen ist ja in sich schon die Entscheidung für das Gute. Für das Richtige. Für das richtig Gute. Da kann man ja gar nichts vergeigen. Doch, kann man. Und wie.
Doch auch Scheitern ist nicht zwangsläufig. Basierend auf unseren Erfahrungen in der Stiftungsszene einige freundliche Hinweise für angehende Stiftungsmanager, die es nicht vergeigen wollen:
1. Nimm Dich nicht wichtig
Als Manager einer Stiftung bist Du in einer sehr komfortablen Situation. Weder musst Du das Geld, das Du ausgibst, selbst verdienen noch musst Du Dich mit einer gemeinnützigen Organisation unmittelbar im Feld beweisen. Stattdessen sitzt Du bequem dazwischen. Das Geld – mal mehr, mal weniger – ist einfach da. Non-Profit-Organisationen umgarnen Dich, um von Dir Förderung zu erlangen. Deine Freunde finden es ganz großartig, was Du machst. Deine Förderungen. Deine Projekte. Es müsste mehr von Deiner Sorte geben. Und niemand fragt, was Du tatsächlich bewirkst.
Dies alles sind gute Voraussetzungen, um sich für wichtig zu halten. Du bist es aber nicht. Wichtig sind die, die das Geld verdienen, damit Du es ausgeben kannst. Und wichtig sind die, die mit diesem, von Dir verwalteten Geld die Ziele erreichen, von denen Du sagst, dass sie Dir wichtig sind.
2. Folge nicht Deinem Herzen
Um möglichst viele Menschen möglichst gut zu erreichen, muss das, was Du förderst und unternimmst, wirksam sein. In der Regel sind das nicht die Projekte und die Themen, die dich immer schon interessiert haben. Sondern andere.
Wirksam ist nicht, was Du für wirksam hältst, sondern was mit anerkannten wissenschaftlichen Methoden als wirksam nachgewiesen ist. Wirksamkeit entsteht nicht durch die Behauptung, man setze sich mit Wirksamkeit auseinander. Sie entsteht auch nicht durch die Teilnahme an Wirksamkeitsworkshops. Und sie erschöpft sich nicht im Wirksamkeitspotential.
Wenn Du herausfinden willst, was wirksam ist, hilft reden häufig nicht weiter. Du musst lesen und verstehen. Folge nicht Deinem Herzen. Sondern Deinem Verstand.
3. Sei transparent
Deine Stifter haben ihre Zuwendungen zu Deiner Stiftung in der Regel steuerlich geltend gemacht. Damit sind die Mittel, über die Du verfügst, zu einem erheblichen Teil Steuermittel.
Wir, deren Geld Du ausgibst, haben ein Recht darauf zu erfahren, was Du damit machst. Die Mitarbeiter, die Du führst, die Instrumente, die Du entwickelst, die Erfahrungen, die Du machst, werden von uns, den Steuerzahlern, mitfinanziert. Es ist daher Deine Verantwortung, uns an Deiner Arbeit, Deiner Methode und an Deinen Ergebnissen teilhaben zu lassen, damit wir und andere darauf aufbauen können.
4. Meide Konferenzen
Konferenzen und Tagungen erwecken zunächst den Eindruck, dass hier Wissen oder gar Erkenntnis vermittelt wird. Dies ist jedoch überaus selten der Fall. Vermittelt wird hier in erster Linie Gruppenzugehörigkeit und Selbstvergewisserung. Wohlmeinende Menschen treffen auf wohlmeinende Menschen, machen wohlmeinende Konversation und gehen anschließend überaus wohlmeinend auseinander. Überzeugt muss hier niemand mehr werden, denn alle sind ohnehin schon auf einer – der richtigen – Seite.
Interessiert Dich ein Tagungsthema, dann bitte den Vortragenden darum, Dir seine Unterlagen zuzusenden, frage ihn nach der Literatur, die er für wichtig hält, und verabrede Dich auf einen Telefontermin, um mehr zu erfahren. Sei darauf gefasst, dass ihn Deine Anfrage überrascht.
5. Mache es leicht
Die Non-Profit-Organisationen, die sich bei Dir bewerben, begeben sich in Deine Abhängigkeit. Gehe verantwortlich damit um. Wenn eine Förderung nicht in Frage kommt, dann lass sie das rechtzeitig wissen, damit sie sich um Alternativen kümmern können. Wenn eine Förderung in Frage kommt, dann zwinge die Non-Profits nicht, ihren Antrag auf Deine Vorstellungen hin zuzuschneiden, sondern entscheide, ob eine Förderung entlang ihrer Vorstellungen sinnvoll ist.
Zwinge sie nicht, standardisierte Antragsformulare auszufüllen, damit Du es schön einfach hast, sondern lass Dir die Informationen zuschicken, die sie ohnehin schon griffbereit haben. Mache es ihnen leicht und schone ihre Zeit. Sie haben Wichtigeres zu tun, als Dir Deine Arbeit zu erleichtern.
6. Bleibe klein
Solange sich Wirksamkeit als Währung für erfolgreiche Stiftungstätigkeit noch nicht durchgesetzt hat, bemisst sich die öffentliche Bedeutung des Stiftungsmanagers nach der Größe seiner Organisation. Die Verführung, ein umfangreiches Team aufzubauen, ist dementsprechend groß.
Je größer Dein Team wird, desto mehr Zeit und Geld werdet ihr allerdings darauf verwenden, euch mit euch selbst zu beschäftigen oder euch Aufgaben auszudenken, die man – wenn sonst nichts anliegt – ja auch mal machen könnte: Zum Beispiel aufwändig gestaltete Jahresberichte, die alle eure flüchtigen Tagungsbekanntschaften wohlwollend zur Kenntnis nehmen, aber niemand liest.
Stiftungsarbeit an sich ist keine komplexe Angelegenheit. In der Regel ist von Beginn an klar, in welchen Feldern man aktiv sein möchte. Einmal verabschiedete Projekte erstrecken sich in der Regel über Jahre. Die Mittel sind begrenzt. Sind die Felder und Projekte identifiziert, in denen man sich engagiert, ist häufig erst einmal nichts mehr zu tun. Jeder Mitarbeiter, den Du nicht beschäftigst, ist bares Geld, das Du in weitere sinnvolle Projekte investieren kannst.
7. Zahle gut
Die vermutete Relevanz der Arbeit im sozialen Sektor ist die eine Währung, mit der man gute Mitarbeiter anziehen kann. Geld ist die andere. So lange Stiftungen ihre Mitarbeiter schlecht bezahlen, werden sie schlechter ausgebildete und weniger ambitionierte Mitarbeiter anziehen als andere Arbeitgeber.
Wenn Du gute Arbeit leisten willst, brauchst Du ein gutes Team. Wenn Du bereit bist, mit einem kleinen Team zu arbeiten, kannst Du besser zahlen.
8. Sei eine Frau
Konferenzen und und Tagungen im Stiftungssektor erinnern an die Traditionen rotarischer Clubs. Distinguiert auftretende Männer tauschen sich ritualisiert in angenehmem Ambiente kultiviert über gesellschaftliche Fragen der Zeit aus. Die unausgesprochene Hackfolge orientiert sich an der Höhe des zur Verfügung stehenden Stiftungskapitals und der Anzahl der Mitarbeiter. Um den besten Weg gestritten wird hier nicht. Man weiß sich zu benehmen. Frauen in Führungspositionen sieht man auch hier selten. Die wenigen, die es an die Spitze von Stiftungen geschafft haben, haben zu tun. Ihre Teams sind kleiner, ihr gesellschaftliches Anliegen präsenter, die Ziele eindeutiger und ambitionierter. Wenn Du keine Frau bist, dann orientiere Dich an ihnen.
Eine neue Generation von Stiftungsmanagern steht bereit, Verantwortung nicht nur für sich zu reklamieren, sondern sie tatsächlich zu übernehmen. An diese Generation richten wir uns.
Dieser Artikel wurde von Stefan Shaw von der Benckiser Stiftung Zukunft geschrieben.